Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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baren Handlung in Untersuchung ist, so soll ihre Auslieferung bis zur Be- 
endigung dieser Untersuchung und vollendeter Vollstreckung der etwa gegen sie 
erkannten Strafe aufgeschoben werden. 
Artikel 5. 
Wenn eine reklamirte Person Verbindlichkeiten gegen Privatpersonen ein- 
gegangen ist, an deren Erfüllung sie durch die Aus lieferung verhindert wird, 
so soll dieselbe dennoch ausgeliefert werden, und es bleibt dem dadurch beein- 
trächtigten Theile überlassen, seine Rechte vor der zuständigen Behörde geltend 
zu machen. 
Artikel 6. 
Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages finden auf solche Per- 
sonen, die sich irgend eines politischen Verbrechens oder Vergehens schuldig 
gemacht haben, keine Anwendung. Die Person, welche wegen eines der in 
Artikel 1 und 2 aufgeführten gemeinen Verbrechen oder Vergehen ausgeliefert 
worden ist, darf demgemäß in demjenigen Staate, an welchen die Auslieferung 
erfolgt ist, in keinem Falle wegen eines von ihr vor der Auslieferung verübten 
politischen Verbrechens oder Vergehens noch wegen einer Handlung, die mit 
einem solchen politischen Verbrechen ober ergehen im Zu sammnenhang steht, 
noch wegen eines Verbrechens oder Vergehens, welches in dem gegenwärtigen 
Vertrage nicht vorgesehen ist, zur Untersuchung gezogen und bestraft werden. 
Der Angriff gegen das Oberhaupt einer fremden Regierung oder gegen 
Mitglieder seiner Familie soll weder als politisches Vergehen, noch als mit 
einem solchen in Zusammenhang stehend angesehen werden, wenn dieser Angriff 
den Thatbestand des Todtschlags, Mordes oder Giftmordes bildet. 
Artikel 7. 
Die Auslieferung soll nicht stattfinden, wenn seit der begangenen straf- 
baren Handlung oder der letzten Handlung des Strafrichters, oder der erfolgten 
Verurtheilung nach den Gesetzen desjenigen Staates, in welchem der Verfolgte 
zur Zeit, wo die Auslieferung beantragt wird, sich aufhält, Verjährung der 
strafgerichtlichen Verfolgung oder der erkannten Strafe eingetreten ist. 
Artikel 8. 
Die Auslieferung einer Person, welche einer der in Artikel 1 und 2 auf- 
geführten strafbaren Handlungen beschuldigt ist, soll bewilligt werden auf Grund 
eines verurtheilenden Erkenntnisses oder auf Grund eines förmlichen Beschlusses 
des zuständigen Gerichts auf Versetzung in den Anklagestand oder Eröffnung 
der Untersuchung oder auf Grund einer von dem zuständigen Richter erlassenen 
Verfügung, in welcher die Verweisung des Beschuldigten vor den erkennenden 
Richter ausdrücklich angeordnet wird, oder auch auf Grund eines Haftbefehls 
oder eines anderen Akts von gleicher Wirkung, welcher von der zuständigen 
Behörde erlassen ist und die bestimmte Angabe der verfolgten That und des auf 
sie anwendbaren Gesetzes enthält, insofern diese Schriftstücke in Urschrift oder 
in behlaubigter Abschrift und zwar in denjenigen Formen beigebracht sind, welche 
die Gesetzgebung des die Auslieferung begehrenden Staates vorschreibt.
	        
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