Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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3) ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen hat, 
die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Ver- 
gehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie be- 
gangen wurde, mit Strafe bedroht ist. 
Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Thäter bei Begehung 
der Handlung noch nicht Deutscher war. In diesem Falle bedarf es 
jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde des Landes, in welchem 
die strafbare Handlung begangen worden, und das ausländische Straf- 
gesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist. 
§. 55. 
Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet 
hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich verfolgt werden. 
Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vor- 
schriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen 
werden. Insbesondere kann die Unterbringung in eine Erziehungs- oder Besse- 
rungsanstalt erfolgen, nachdem durch Beschluß der Vormundschaftsbehörde die 
Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig er- 
klärt ist. 
 
§. 64. 
Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den gesetzlich besonders vorge- 
sehenen Fällen und nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urtheils 
zulässig. 
Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine der vorbezeichneten 
Personen hat die Einstellung des Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge. 
§. 70. 
2) auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt 
ist, in zwanzig Jahren; 
3) auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungshaft von fünf 
bis zu zehn Jahren oder Gefängniß von mehr als fünf Jahren er- 
kannt ist, in funfzehn Jahren; 
§. 88. 
Ein Deutscher, welcher während eines gegen das Deutsche Reich ausge- 
brochenen Krieges in der feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen 
gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wird wegen Landes- 
verraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft 
bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter 
fünf Jahren ein. 
Ein Deutscher, welcher schon früher in fremden Kriegsdiensten stand, wird, 
wenn er nach Ausbruch des Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt 
oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, 
wegen Landesverraths mit Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit
	        
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