Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1878. (12)

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§. 27. 
Die Kommission entscheidet in der Besetzung von fünf Mitgliedern, von 
denen mindestens drei zu den richterlichen Mitgliedern gehören müssen. Vor 
der Entscheidung über die Beschwerde ist den Betheiligten Gelegenheit zur münd- 
lichen oder schriftlichen Begründung ihrer Anträge zu geben. Die Kommission 
ist befugt, Beweis in vollem Umfange, insbesondere durch eidliche Vernehmung 
von Zeugen und Sachverständigen, zu erheben oder mittelst Ersuchens einer 
Behörde des Reichs oder eines Bundesstaates erheben zu lassen. Hinsichtlich 
der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen, 
sowie hinsichtlich der im Falle des Ungehorsams zu verhängenden Strafen kommen 
die Bestimmungen der am Sitze der Kommission beziehungsweise der ersuchten 
Behörde geltenden bürgerlichen Prozeßgesetze zur Anwendung. Die Entschei- 
dungen erfolgen nach freiem Ermessen und sind endgültig. 
Im übrigen wird der Geschäftsgang bei der Kommission durch ein von 
derselben zu entwerfendes Regulativ geordnet, welches der Bestätigung des Bun- 
desraths unterliegt. 
§. 28. 
Für Bezirke oder Ortschaften, welche durch die im §. 1 Abs. 2 bezeichneten 
Bestrebungen mit Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedroht sind, können von 
den Zentralbehörden der Bundesstaaten die folgenden Anordnungen, soweit sie 
nicht bereits landesgesetzlich zulässig sind, mit Genehmigung des Bundesraths 
für die Dauer von längstens Einem Jahre getroffen werden: 
1. daß Versammlungen nur mit vorgängiger Genehmigung der Polizei- 
behörde stattfinden dürfen; auf Versammlungen zum Qweck einer aus- 
geschriebenen Wahl zum Reichstag oder zur Landesvertretung erstreckt 
sich diese Beschränkung nicht; 
2. daß die Verbreitung von Druckschriften auf öffentlichen Wegen, 
Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten nicht statt- 
finden darf; 
3.  daß Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicher- 
heit oder Ordnung zu besorgen ist, der Aufenthalt in den Bezirken 
oder Ortschaften versagt werden kann; 
4.  daß der Besitz, das Tragen, die Einführung und der Verkauf von 
Waffen verboten, beschränkt oder an bestimmte Voraussetzungen ge- 
knüpft wird. 
Ueber jede auf Grund der vorstehenden Bestimmungen getroffene Anord- 
nung muß dem Reichstag sofort beziehungsweise bei seinem nächsten Zusam- 
mentreten Rechenschaft gegeben werden. 
Die getroffenen Anordnungen sind durch den Reichsanzeiger und auf die 
für landespolizeiliche Verfügungen vorgeschriebene Weise bekannt zu machen. 
Wer diesen Anordnungen oder den auf Grund derselben erlassenen Ver- 
fügungen mit Kenntniß oder nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung zuwider- 

	        
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