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(Nr. 1657.) Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 23. April 1886.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, wie folgt:
Hinter §. 104g der Gewerbeordnung wird eingeschaltet:
§. 104h.
Durch Beschluß des Bundesraths kann Innungsverbänden die Fähigkeit bei-
gelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigenthum und andere
dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor
Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In solchem Falle haftet den Gläubigern
für alle Verbindlichkeiten des Innungsverbandes nur das Vermögen desselben.
Der Beschluß des Bundesraths ist durch den Reichsanzeiger zu veröffent-
lichen. Auf diejenigen Innungsverbände, welchen die gedachte Fähigkeit beigelegt
worden ist, finden die Bestimmungen der §§. 104i bis 104o Anwendung.
§. 104i.
Der Innungsverband wird bei gerichtlichen wie bei außergerichtlichen Ver-
handlungen durch seinen Vorstand vertreten. Die Befugniß zur Vertretung er-
streckt sich auch auf diejenigen Geschäfte und Rechtshandlungen, für welche nach
den Gesetzen eine Spezialvollmacht erforderlich ist. Durch das Statut kann einem
Mitgliede oder mehreren Mitgliedern des Vorstandes die Vertretung des Innungs-
verbandes nach außen übertragen werden.
Zur Legitimation der Vertreter des Innungsverbandes genügt bei allen
Rechtsgeschäften die Bescheinigung der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Be-
zirk der Vorstand seinen Sitz hat, daß die bezeichneten Personen zur Vertretung
des Verbandes befugt sind.
§. 104k.
Der Innungsverband ist befugt, Einrichtungen zur Erfüllung der im §. 97
Nr. 2 bezeichneten Aufgaben, sowie Einrichtungen der im §. 97a Nr. 1, 2, 4, 5
vorgesehenen Art gemeinsam für die ihm angehörenden Innungen zu treffen.
Beschließt er die Herstellung von Einrichtungen der im §. 97a Nr. 4, 5 be-
zeichneten Art, so sind die dafür erforderlichen Bestimmungen in Nebenstatuten
zusammenzufassen. Diese sowie Abänderungen derselben bedürfen der Genehmigung
durch den Reichskanzler.
Auf die von dem Innungsverbande errichteten Unterstützungskassen finden
dieselben Vorschriften Anwendung, welche für gleichartige von einer Innung errichtete
Kassen gelten. Sofern für solche Unterstützungskassen Zwangsvollstreckungen vor-