Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1887. (21)

Ueberwachung. 
— 364 — 
§. 92. 
Die im §. 90 Absatz 1 vorgesehene höhere Einschätzung, sowie die Fest- 
setzung von Zuschlägen erfolgt durch den Vorstand der Genossenschaft, die Fest- 
setzung der im §. 90 Absatz 2 vorgesehenen Strafen durch dasjenige Seemanns- 
amt, welches von der Nachlässigkeit zuerst Kenntniß erhält. Die Seemannsämter 
sind befugt, bezüglich der Befolgung der nach §. 90 erlassenen Vorschriften 
Untersuchungen der Fahrzeuge zu veranlassen. 
Eine abermalige Straffestsetzung durch dasselbe oder durch ein anderes 
Seemannsamt ist zulässig, sofern der Schiffsführer nicht nachweist, daß inzwischen 
die Anordnung nicht hat befolgt werden können. Die Straffestsetzung ist von 
dem Seemannsamt in das Schiffsjournal einzutragen und sofort vollstreckbar. 
Gegen die höhere Einschätzung sowie die Festsetzung von Zuschlägen oder 
Strafen findet, unbeschadet der sofortigen Vollstreckbarkeit der Strafen, die Be- 
schwerde statt. Die Beschwerde gegen die höhere Einschätzung oder die Festsetzung 
von Zuschlägen (§. 90 Absatz 1) steht dem Betriebsunternehmer zu und ist 
binnen zwei Wochen nach der Zustellung der betreffenden Verfügung einzulegen; 
die Beschwerde gegen die Festsetzung von Strafen (§. 90 Absatz 2) aber steht 
sowohl dem Schiffsführer wie dem Rheder, Korrespondentrheder oder Bevoll- 
mächtigten zu und ist spätestens binnen zwei Wochen nach Beendigung der Reise 
zu erheben. Die Einlegung der Beschwerde erfolgt in allen Fällen bei dem 
Reichs-Versicherungsamt, welchem auch die Entscheidung über dieselbe zusteht. 
§. 93. 
Die Genossenschaft ist befugt, durch Beauftragte die Befolgung der zur 
Verhütung von Unfällen erlassenen Vorschriften zu überwachen und behufs 
Prüfung der auf Grund gesetzlicher oder statutarischer Bestimmungen eingereichten 
Nachweisungen die Schiffsjournale, Musterrollen, Certifikate, Meßbriefe und 
sonstigen Schiffspapiere, sowie die Listen einzusehen, aus welchen die Zahl der 
Versicherten sowie der Umfang und die Dauer der zurückgelegten Reisen ersichtlich 
werden. 
Die Behäörden sind verpflichtet, den als solchen legitimirten Beauftragten 
der Genossenschaft die auf die Verhältnisse des Fahrzeuges und der Besatzung 
sich beziehenden Verhandlungen und Urkunden im Geschäftslokal zur Einsicht 
vorzulegen. Die Rheder, Korrespondentrheder und Bevollmächtigten, sowie die 
Schiffsführer haben den Beauftragten auf Erfordern den Zutritt zu den Fahr- 
zeugen, sowie die Besichtigung derselben zu gestatten und die Schiffspapiere und 
Listen an Ort und Stelle zur Einsicht vorzulegen. Diese Verpflichtung besteht 
auch gegenüber dem Seemannsamt (§. 92); demselben ist die Eintragung der 
von ihm verhängten Strafen in das Schiffsjournal zu gestatten. In gleicher 
Weise haben die anderen Mitglieder der Berufsgenossenschaft die Besichtigung 
ihres Betriebes zu gestatten und die im Absatz 1 bezeichneten Listen zur Einsicht 
vorzulegen.
	        
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