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Reichs-Gesetzblatt.
No. 26.
Inhalt: Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in dem südwestafrikanischen Schutzgebiete. S. 171.
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(Nr. 1915.) Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in dem südwestafrikanischen Schutz-
gebiete. Vom 10. August 1890.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen auf Grund des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen
Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75), für das südwestafrikanische Schutz-
gebiet in Ergänzung der Verordnung vom 21. Dezember 1887 (Reichs-Gesetzbl.
S. 535) im Namen des Reichs, was folgt:
§. 1.
Der Gerichtsbarkeit (§. 1 der Verordnung vom 21. Dezember 1887) unter-
liegen alle Personen, welche in dem Schutzgebiete wohnen oder sich aufhalten,
oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schutz-
gebietes nach den zur Geltung kommenden Gesetzen begründet ist, die Eingeborenen
jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit besonders unterstellt werden.
§. 2.
Der Kaiserliche Kommissar für das südwestafrikanische Schutzgebiet bestimmt
mit Genehmigung des Reichskanzlers, wer als Eingeborener im Sinne dieser
Verordnung anzusehen ist, und inwieweit auch Eingeborene der Gerichtsbarkeit
(§. 1) zu unterstellen sind.
§. 3.
Für das Schutzgebiet werden an den vom Reichskanzler zu bestimmenden
Orten Gerichtsbehörden erster Instanz errichtet.
§. 4.
Als Berufungs- und Beschwerdegericht wird an Stelle des Reichsgerichts
(Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit §§. 18, 36, 43) für das Schutzgebiet eine
Gerichtsbehörde zweiter Instanz am Sitze des Kaiserlichen Kommissars errichtet,
welche aus dem vom Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter
Instanz ermächtigten Beamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern besteht.
Auf die Beisitzer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften im §. 6
Absatz 2, §§. 7, 8 und 10 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit ent-
sprechende Anwendung.
Reichs-Gesetzbl. 1890. 40
Ausgegeben zu Berlin den 20. August 1890.