Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1891. (25)

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§. 10. 
Fallen dem Angeschuldigten nach dem Ergebniß der Ermittelungen mehrere straf- 
bare Handlungen zur Last und erscheint für die Strafzumessung die Feststellung des 
einen oder anderen Straffalles unwesentlich, so ist die Untersuchung nur wegen 
der schwereren Straffälle einzuleiten. Die nachträgliche Verfolgung der leichteren 
Straffälle ist nur innerhalb zweier Monate nach Rechtskraft des Erkenntnisses 
zulässig. 
§. 11. 
Wird unter Betheiligung von Personen verhandelt, welche der deutschen 
Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Die Führung eines 
Nebenprotokolls in der fremden Sprache findet nicht statt, jedoch sollen Aussagen 
und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf 
die Wichtigkeit der Sache erforderlich erscheint, auch in der fremden Sprache in 
das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu ge- 
eigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende 
Uebersetzung beigefügt werden. Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unter- 
bleiben, wenn die betheiligten Personen sämmtlich der fremden Sprache mächtig sind. 
§. 12. 
Dem Angeschuldigten steht in jedem Falle das Recht zu, sich zu vertheidigen 
oder durch eine andere Militärperson vertheidigen zu lassen. Ist die Handlung 
mit dem Tode oder lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedroht, so muß ein Ver- 
theidiger zugezogen werden. Die Vertheidigung darf nur zum gerichtlichen Protokoll 
oder mündlich vor dem Spruchgericht erfolgen. 
§. 13. 
Bietet die Führung der Untersuchung voraussichtlich keine Schwierigkeiten, 
und sind sowohl der Angeschuldigte, als auch die Beweismittel und, gegebenen- 
falls, der Vertheidiger zur Hand, so kann der Gerichtsherr mit der Einleitung 
der förmlichen Untersuchung die Anordnung des Spruchgerichts verbinden. 
§. 14. 
In den Fällen des §. 13 findet mündliche Verhandlung vor dem Spruch- 
gericht statt. Der Angeschuldigte wird zunächst durch den Auditeur oder unter- 
suchungsführenden Offizier vernommen und, sofern dies nicht schon geschehen ist, 
über seine Vertheidigungsbefugnisse belehrt. Darauf folgen: die Beweiserhebung, 
der Vortrag des Auditeurs oder untersuchungsführenden Offiziers und die Vertheidi- 
gung. Dem Angeschuldigten gebührt das letzte Wort. Die Aburtheilung schließt sich 
unmittelbar an. Sie erfolgt in Abwesenheit des Angeschuldigten und des Ver- 
theidigers. Als Protokollführer wird eine durch Handschlag an Eidesstatt zu ver- 
pflichtende Militärperson zugezogen. Ueber die Verhandlung ist ein Protokoll auf- 
zunehmen, welches von dem Vorsitzenden, von dem die Verhandlung führenden 
58°
	        
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