Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1898. (32)

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Das Gericht kann auf Antrag und von Amtswegen die Ladung von 
Zeugen und Sachverständigen, sowie die Herbeischaffung anderer Beweismittel 
anordnen. 
Die Bestimmungen der §§. 270, 271 finden entsprechende Anwendung. 
§. 299. 
In den Verhandlungen vor den Standgerichten und vor den Kriegs- 
gerichten in der Berufungsinstanz bestimmt das Gericht den Umfang der Beweis- 
aufnahme, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse ge- 
bunden zu sein. 
Im Uebrigen ist die Beweisaufnahme auf die sämmtlichen gestellten und 
geladenen Zeugen und Sachverständigen (§§. 185, 208), sowie auf die anderen 
herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken. Von der Erhebung einzelner Beweise 
kann jedoch abgesehen werden, wenn der Vertreter der Anklage und der An- 
geklagte hiermit einverstanden sind. Das Gericht kann die Erhebung eines ein- 
zelnen Beweises ablehnen, falls es die zu beweisende Thatsache einstimmig für 
unerheblich oder zu Gunsten des Angeklagten für erwiesen erachtet. Die Gründe, 
aus welchen die Thatsache für unerheblich erachtet wird, sind in dem Beschluß 
anzugeben. 
Die Bestimmungen der §§. 186 bis 215, §. 216 Absatz 1, 2, 3, §§. 218 
bis 221 finden entsprechende Anwendung. Bezüglich der Ausschließung und Ab- 
lehnung von Sachverständigen gelten die §§. 128, 129. 
Die Beeidigung eines Zeugen darf unterlassen werden, wenn dessen Aus- 
sage nach der einstimmigen Ueberzeugung des Gerichts sich als offenbar unglaub- 
würdig oder als unerheblich darstellt und im letzteren Falle die Beeidigung nicht 
beantragt ist. 
§. 300. 
Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Beweis- 
mittel oder die zu beweisende Thatsache zu spät vorgebracht worden sei. 
Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem anderen 
Theile so spät namhaft gemacht, oder eine als Beweismittel zu benutzende Urkunde 
so spät bekannt gegeben, oder eine zu beweisende Thatsache so spät vorgebracht 
worden, daß es dem anderen Theile an der zur Einziehung von Erkundigungen 
erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann derselbe bis zum Schlusse der Beweis- 
aufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zwecke der Erkundigung 
beantragen. 
Dieselbe Befugniß haben der Vertreter der Anklage und der Angeklagte 
in Betreff der auf Anordnung des Gerichts herbeigeschafften Beweismittel. 
Ueber die Anträge entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen. 
§. 301. 
Das Gericht kann den Angeklagten, wenn zu befürchten ist, daß ein Mit- 
angeklagter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten
	        
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