Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1898. (32)

— 1281 — 
Sechster Titel. 
Wiederaufnahme eines durch rechtskraͤftiges Urtheil geschlossenen 
Verfahrens. 
§. 436. 
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen 
Verfahrens zu Gunsten des Verurtheilten findet statt: 
 
 
1.  wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vor— 
gebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 
2.  wenn durch ein zu seinen Ungunsten abgelegtes Zeugniß oder abgegebenes 
Gutachten der Zeuge oder Sachverständige sich einer vorsätzlichen oder 
fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen 
uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat; 
3.  wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, welcher sich in Be- 
ziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig 
gemacht hat, sofern diese Verletzung mit einer im Wege des gericht- 
lichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht und 
nicht vom Verurtheilten selbst veranlaßt ist; 
4. wenn ein civilgerichtliches Urtheil, auf welches das Strafurtheil be- 
gründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urtheil aufge- 
hoben ist; 
5. wenn neue Thatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, aus denen 
allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen sich die 
Unschuld des Verurtheilten, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten 
That überhaupt, sei es bezüglich eines die Anwendung eines härteren 
Strafgesetzes begründenden Umstandes, ergiebt oder doch dargethan 
wird, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr 
vorliegt. 
§. 437. 
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird weder durch die 
erfolgte Strafvollstreckung, noch durch den Tod des Verurtheilten, noch durch die 
Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit über den Verurtheilten begründen- 
den Verhältnisses ausgeschlossen. 
Im Falle des Todes sind der Ehegatte, die Verwandten aufsteigender und 
absteigender Linie, sowie die Geschwister des Verstorbenen zu dem Antrage befugt. 
§. 438. 
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Ver- 
fahrens zu Ungunsten des Angeklagten findet statt: 
1. 
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Gunsten als echt vor- 
gebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
	        
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