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Sechster Titel.
Wiederaufnahme eines durch rechtskraͤftiges Urtheil geschlossenen
Verfahrens.
§. 436.
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen
Verfahrens zu Gunsten des Verurtheilten findet statt:
1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vor—
gebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
2. wenn durch ein zu seinen Ungunsten abgelegtes Zeugniß oder abgegebenes
Gutachten der Zeuge oder Sachverständige sich einer vorsätzlichen oder
fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen
uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3. wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, welcher sich in Be-
ziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig
gemacht hat, sofern diese Verletzung mit einer im Wege des gericht-
lichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht und
nicht vom Verurtheilten selbst veranlaßt ist;
4. wenn ein civilgerichtliches Urtheil, auf welches das Strafurtheil be-
gründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urtheil aufge-
hoben ist;
5. wenn neue Thatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, aus denen
allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen sich die
Unschuld des Verurtheilten, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten
That überhaupt, sei es bezüglich eines die Anwendung eines härteren
Strafgesetzes begründenden Umstandes, ergiebt oder doch dargethan
wird, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr
vorliegt.
§. 437.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird weder durch die
erfolgte Strafvollstreckung, noch durch den Tod des Verurtheilten, noch durch die
Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit über den Verurtheilten begründen-
den Verhältnisses ausgeschlossen.
Im Falle des Todes sind der Ehegatte, die Verwandten aufsteigender und
absteigender Linie, sowie die Geschwister des Verstorbenen zu dem Antrage befugt.
§. 438.
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Ver-
fahrens zu Ungunsten des Angeklagten findet statt:
1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Gunsten als echt vor-
gebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war;