Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1898. (32)

— 345 — 
Reichs-Gesetzblatt. 
Nr. 22. 
Inhalt: Gesetz, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen. S. 345.— 
Bekanntmachung, betreffend die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die Schweinepest und den Roth- 
lauf der Schweine. S. 347. — Bekanntmachung , betreffend die Aichung des Getreideprobers. S. 347. 
 
 
 
(Nr. 2480.) Gesetz, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren frei- 
gesprochenen Personen. Vom 20. Mai 1898. 
 
Wir ,Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König 
von Preußen etc. 
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmug des Bundesraths 
und des Reichstags, was folgt: 
§. 1. 
Personen, welche im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen oder in An- 
wendung eines milderen Strafgesetzes mit einer geringeren Strafe belegt werden, 
können Entschädigung aus der Staatskasse verlangen , wenn die früher erkannte 
Strafe ganz oder theilweise gegen sie vollstreckt worden ist. Das Wiederauf- 
nahmeverfahren muß die Unschuld des Verurtheilten bezüglich der ihm zur Last 
gelegten That oder bezüglich eines die Auwendung eines schwereren Strafgesetzes 
begründenden Umstandes ergeben oder doch dargethan haben, daß ein begründeter 
Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt. 
Außer dem Verurtheilten haben diejenigen, denen gegenüber er kraft Ge- 
setzes unterhaltspflichtig war, Anspruch auf Entschädigung. 
Der Anspruch auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der Verurtheilte 
die frühere Verurtheilung vorsätzlich herbeigefuhrt oder durch grobe Fahrlässigkeit 
verschuldet hat. 
Die Versäumung der Einlegung eines Rechtsmittels ist nicht als eine Fahr- 
lässigkeit zu erachten. 
§. 2. 
Gegenstand des dem Verurtheilten zu leistenden Ersatzes ist der für ihn 
durch die Strafvollstreckung entstandene Vermögensschaden. 
Unterhaltsberechtigten ist insoweit Ersatz zu leisten, als ihnen durch die 
Strafvollstreckung der Unterhalt entzogen worden ist.
 
§. 3  Die Entschädigung wird aus der Kasse desjenigen Bundesstaats gezahlt, 
bei dessen Gerichte das Strafverfahren in erster Instanz anhängig war. 
Reichs-Gesetzbl. 1898. 59 
Ausgegeben zu Berlin den 27. Mai 1898.
	        
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