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Nach dem Beginne der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache
können prozeßhindernde Einreden nur geltend gemacht werden, wenn dieselben entweder
solche sind, auf welche der Beklagte wirksam nicht verzichten kann, oder wenn der
Beklagte glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden nicht im Stande gewesen
sei, dieselben vor der Verhandlung zur Hauptsache geltend zu machen.
§. 275.
Ueber prozeßhindernde Einreden ist besonders zu verhandeln und durch Urtheil
zu entscheiden, wenn der Beklagte auf Grund derselben die Verhandlung zur Haupt-
sache verweigert, oder wenn das Gericht auf Antrag oder von Amtswegen die ab-
gesonderte Verhandlung anordnet.
Das Urtheil, durch welches die prozeßhindernde Einrede verworfen wird, ist
in Betreff der Rechtsmittel als Endurtheil anzusehen; das Gericht kann jedoch auf
Antrag anordnen, daß zur Hauptsache zu verhandeln sei.
§. 276.
Wird die Unzuständigkeit des Gerichts auf Grund der Bestimmungen über die
sachliche Zuständigkeit der Gerichte ausgesprochen, so ist zugleich auf Antrag des
Klägers der Rechtsstreit an ein bestimmtes Amtsgericht des Bezirks zu verweisen.
Ist das Urtheil rechtskräftig, so gilt der Rechtsstreit als bei dem Amtsgerichte
anhängig.
§. 277.
Nach Erledigung der prozeßhindernden Einreden kann das Gericht in Prozessen,
welche die Richtigkeit einer Rechnung, eine Vermögensauseinandersetzung oder ähnliche
Verhältnisse zum Gegenstande haben, unter Vertagung der mündlichen Verhandlung
ein vorbereitendes Verfahren anordnen.
§. 278.
Angriffs= und Vertheidigungsmittel (Einreden, Widerklage, Repliken u. s. w.)
können bis zum Schlusse derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil
ergeht, geltend gemacht werden.
Das Gericht kann, wenn durch das nachträgliche Vorbringen eines Angriffs-
oder Vertheidigungsmittels die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird, der ob-
siegenden Partei, welche nach freier richterlicher Ueberzeugung im Stande war, das
Angriffs= oder Vertheidigungsmittel zeitiger geltend zu machen, die Prozeßkosten ganz
oder theilweise auferlegen.
§. 279.
Vertheidigungsmittel, welche von dem Beklagten nachträglich vorgebracht werden,
können auf Antrag zurückgewiesen werden, wenn durch deren Zulassung die Erledigung
des Rechtsstreits verzögert werden würde, und das Gericht die Ueberzeugung gewinnt,
daß der Beklagte in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nach-
lässigkeit die Vertheidigungsmittel nicht früher vorgebracht hat.