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§. 374.
Die Vernehmung neuer Zeugen, welche nach Erlassung eines Beweisbeschlusses
bezüglich der in demselben bezeichneten streitigen Thatsachen benannt werden, ist auf
Antrag zurückzuweisen, wenn durch die Vernehmung die Erledigung des Rechtsstreits
verzögert werden würde und das Gericht die Ueberzeugung gewinnt, daß die Partei
in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit die
Zeugen nicht früher benannt hat.
§. 375.
Die Aufnahme des Zeugenbeweises kann einem Mitgliede des Prozeßgerichts
oder einem anderen Gericht übertragen werden:
1. wenn zur Ausmittelung der Wahrheit die Vernehmung des Zeugen an
Ort und Stelle dienlich erscheint;
2. wenn die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht erheblichen Schwierig-
keiten unterliegen würde;
3. wenn der Zeuge verhindert ist, vor dem Prozeßgerichte zu erscheinen;
4. wenn der Zeuge in großer Entfernung von dem Sitze des Prozeßgerichts
sich aufhält.
Die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie die
Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern sind durch ein Mitglied des Prozeß-
gerichts oder durch ein anderes Gericht in ihrer Wohnung zu vernehmen. Das
Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses,
des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses.
§. 376.
Oeffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über
Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen
nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuletzt vor-
gesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Für den Reichskanzler bedarf
es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister der Genehmigung des Landes-
herrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung
des Senats.
Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeug-
nisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachtheil bereiten würde.
Die Genehmigung ist durch das Prozeßgericht einzuholen und dem Zeugen
bekannt zu machen.
§. 377.
Die Ladung der Zeugen ist von dem Gerichtsschreiber unter Bezugnahme auf
den Beweisbeschluß auszufertigen und von Amtswegen zuzustellen.
Die Ladung muß enthalten:
1. die Bezeichnung der Parteien;
2. den Gegenstand der Vernehmung;
Reichs-Gesetzbl. 1898. 77