Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1899. (33)

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(Nr. 2572.) Bekanntmachung, betreffend den Betrieb von Getreidemühlen. Vom 26. April 1899. 
Auf Grund des §. 120e Abs. 3 der Gewerbeordnung hat der Bundesrath 
nachstehende Bestimmungen über die Arbeitszeit in Getreidemühlen erlassen: 
I. 
1. In Getreidemühlen ist den Gehülfen und Lehrlingen innerhalb der 
auf den Beginn ihrer Arbeit folgenden vierundzwanzig Stunden eine ununter- 
brochene Ruhezeit von mindestens acht Stunden zu gewähren. Werden die 
Getreidemühlen ausschließlich oder vorwiegend mit Dampfkraft betrieben, so hat 
die ununterbrochene Ruhezeit mindestens zehn Stunden zu betragen. Bei Betrieben 
mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann die Ruhezeit an Sonntagen, an 
denen auf Grund der §§. 105e Abs. 1, 105f Abs. 1 der Gewerbeordnung Aus- 
nahmen von den im §. 105b Abs. 1 a. a. O. getroffenen Bestimmungen zuge- 
lassen sind, insoweit beschränkt werden, als die Durchführung des wöchentlichen 
Schichtwechsels es erforderlich macht. 
Auf Getreidemühlen, in deren Betrieb ausschließlich Wind als Betriebs- 
kraft benutzt wird, finden diese Vorschriften keine Anwendung. 
Für Getreidemühlen, welche ausschließlich mit durch unregelmäßige Wasser- 
kraft bewegten Triebwerken arbeiten und nicht mehr als einen Gehülfen beschäftigen, 
können durch die untere Verwaltungsbehörde Ausnahmen von der vorgeschriebenen 
Ruhezeit an höchstens fünfzehn Tagen im Jahre zugelassen werden. 
2. Lehrlinge unter sechszehn Jahren dürfen in Getreidemühlen aller Art 
nicht in der Nachtzeit von achteinhalb Uhr Abends bis fünfeinhalb Uhr Morgens 
beschäftigt werden. 
II. 
Als Gehülfen und Lehrlinge im Sinne der vorstehenden Bestimmungen 
gelten solche Personen, welche bei der Bedienung der Mahlgänge beschäftigt 
werden. Dabei gelten Personen unter sechszehn Jahren, welche die Ausbildung 
zum Gehülfen nicht erreicht haben, auch dann als Lehrlinge, wenn ein Lehr- 
vertrag nicht abgeschlossen ist. 
III. 
Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1899 in Kraft. 
Berlin, den 26. April 1899. 
Der Stellvertreter des Reichskanzlers. 
Graf von Posadowsky. 
  
—““[—— 
  
Herausgegeben im Reichsamte des Innern. 
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 
 
	        
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