Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1901. (35)

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§. 65. 
Die Aufsichtsbehörde ist befugt, jederzeit die Geschäftsführung und Ver— 
mögenslage eines Unternehmens auch nach der Richtung zu prüfen, ob die ver— 
öffentlichten Rechnungsabschlüsse und die Jahresberichte mit den Thatsachen und 
dem Inhalte der Bücher übereinstimmen und ob die vorschriftsmäßigen Reserven 
vorhanden und vorschriftsmäßig angelegt und verwaltet sind. 
Die Inhaber, Geschäftsleiter, Bevollmächtigten und Agenten eines Unter— 
nehmens haben innerhalb ihrer Geschäftsräume der Aufsichtsbehörde auf Erfordern 
alle Bücher, Belege und diejenigen Schriften vorzulegen, welche für die Be— 
urtheilung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage von Bedeutung sind, 
sowie jede von ihnen erforderte Auskunft über den Geschäftsbetrieb und die Ver- 
mögenslage zu ertheilen. Die Vorschriften des §. 64 Abs. 3 finden entsprechende 
Anwendung. 
Bei Versicherungsunternehmungen, die einen Aufsichtsrath, eine Mitglieder- 
versammlung oder ähnliche Gesellschaftsorgane haben, ist die Aufsichtsbehörde 
befugt, Vertreter in die Versammlungen und Sitzungen dieser Organe zu ent- 
senden; die Vertreter sind jederzeit zu hören. Die Aufsichtsbehörde ist ferner 
befugt, die Berufung von Versammlungen und Sitzungen sowie die Ankündigung 
von Gegenständen zur Berathung und Beschlußfassung zu verlangen und, wenn 
dem Verlangen nicht entsprochen wird, die Berufung oder Ankündigung auf 
Kosten der Unternehmung selbst vorzunehmen. In den Versammlungen und 
Sitzungen, welche von der Aufsichtsbehörde berufen sind, führt ein Vertreter der 
letzteren den Vorsitz. Als Vertreter der Aufsichtsbehörde sind Leiter und Beamte 
von öffentlichen Versicherungsanstalten ausgeschlossen. 
§. 66. 
Die Aufsicht hat sich auch auf die Liquidation eines Unternehmens und 
auf die Abwickelung der bestehenden Versicherungen im Falle einer Untersagung 
oder einer freiwilligen Einstellung des Geschäftsbetriebs sowie im Falle des Wider- 
rufs der Zulassung eines Unternehmens zu erstrecken. 
§. 67. 
Handelt eine Unternehmung fortgesetzt den ihr nach Maßgabe der Gesetze 
oder des genehmigten Geschäftsplans obliegenden Pflichten zuwider, oder ergeben 
sich bei Prüfung ihrer Geschäftsführung oder ihrer Vermögenslage so schwere 
Mißstände, daß bei Fortsetzung des Geschäftsbetriebs die Interessen der Versicherten 
gefährdet sind, oder befindet sich der Geschäftsbetrieb mit den guten Sitten in 
Widerspruch, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, den Geschäftsbetrieb mit der 
Wirkung zu untersagen, daß neue Versicherungen nicht abgeschlossen, früher 
abgeschlossene nicht erhöht oder verlängert werden können. 
Im Falle der Untersagung des Geschäftsbetriebs ist die Aufsichtsbehörde 
berechtigt, alle diejenigen Anordnungen zu treffen, welche zur einstweiligen Sicher-
	        
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