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Großbrittannien.
„Die Meinungsverschiedenheit, welche zwischen uns bestand, betraf die dem
Gebiete Schir Ali's angewiesene Gränze. Das englische Cabinet schließt in
dieselben Badackschan und Wakhan ein, welche nach unserer Meinung eine
gewiss Unabhängigkeit genießen. In Erwägung der Schwierigkeiten, welche
ei Sammlung der Wachen und aller Einzelheiten in jenen entfernten
Gegenden erwachsen, in der ferneren Erwägung, daß es der brittischen Regie-
rung verhältnißmäßig viel leichter wird, Genaues ausfindig zu machen, und
in Erwägung schließlich und vor allem, daß wir dieser Detailfrage keine
übermäßige Wichtigkeit beilegen wollen, weigern wir uns nicht, die von Eng-
land gezogene Gränze anzunehmen. Wir sind umsomehr zu diesem Act der
Höflichkeit gegen die brittische Regierung geneigt, als sich die englische Re-
gierung anheischig macht, bei Schir Ali ihren ganzen Einfluß zur Geltung
zu bringen, auf daß er seine friedliche Haltung bewahre und von allen An-
riffen und allen Eroberungsversuchen abstehe. Dieser Einfluß ist unbestreit-
ar. Er basirt nicht nur auf dem materiellen und sittlichen Uebergewicht
Englands, sondern auch auf den Subsidien, für welche Schir Ali ihm ver-
pflichtet ist. Da dies der Fall ist, so sehen wir in der Versicherung Eng-
lands eine wirkliche Garantie für die Erhaltung des Friedens.“
Die englische Presse ist von dem Resultat der Unterhandlungen nur sehr
bedingter Weise befriedigt. Vorerst fragt sie, ob denn eigentlich England
und Rußland Asien bereits unter sich getheilt hätten, sodann findet fie, daß
der Vortheil des ganzen neuen Arrangements auf Seite Rußlands sei, wenn
auch dasselbe scheinbar nachgegeben habe und findet schließlich, daß bez. der
eigentlichen Frage betr. Chiwa die bloß mündlichen Zusicherungen Schuwa-
loffs England doch nur eine sehr unsichere Garantie böten.
13. Febr. In dem von der Regierung gegen eine Reihe katholischer Geist-
licher wegen gesetzwidriger Beeinflussung einer Parlamentswahl in Gal-
way (Irland) angestrengten Processe kann sich die Jury über einen Urtheils-
spruch bezüglich des ersten Angeklagten nicht einigen. Derselbe wird
deßhalb außer Anklage gesetzt. Dasselbe Resultat ergeben später auch
die Verhandlungen bez. anderer Angeklagter und so vermag die
Regierung gegenüber der Jury in Irland nicht zu ihrem Rechte zu
kommen, obgleich der Proceß die ungesetzlichen Thatsachen außer allen
Zweifel setzt.
„ Unterhaus: Gladstone entwickelt seinen Plan einer irischen Univer-
sitätsreform.
Der Premier erklärt im Eingang seiner Rede, die Regierung könne einst-
weilen auf einen andern ebenfalls dringlichen Gegenstand, nämlich die Reform
der höhern Vorbereitungsschulen in Irland, nicht eingehen, und versichert
weiterhin: die Vorlage sei in keiner Weise durch ultramontane Einflüsse be-
rührt worden. Zur Sache selbst übergehend, erwähnt er darauf, daß die
practische Ausschließung der Katholiken und Presbyterianer in Irland von
den den Anglicanern gebotenen Vortheilen in der Universitätsbildung eine
gegründete Beschwerde sei und geht dann mit Hülfe von Statistiken und son-
stigen Belegen an den Nachweis, daß das Universitätsstudium in Irland in
Folge dieses Mißstandes den Krebsgang gehe. In dieser Erörterung bei der
Universität Dublin angekommen, verbreitet er sich über die Geschichte dieser
Anstalt und leitet aus seinen Auseinandersetzungen den Schluß ab, daß die-
selbe in ihrer Sonderstellung mit Trinity College, mit dem sie im Laufe der
Zeit verwachsen, Irlands alte historische Universität vorstelle, und daß in
ihrem Rahmen die Reformen vorgenommen werden müssen, welche überhaupt
nöthig seien. Man muß sich hier vergegenwärtigen, daß nach englischer An-
schauung die Hauptthätigkeit einer Universität in der Prüfung von Candi-