384 Sialien. (November 25.—26.)
In der hierauf im Auftrage der Versammlung durch Crispi erfol-
genden Ernennung der Kommission zur Bildung der ständigen Ausschüsse
werden das rechte Zentrum und die Rechte übergangen. Die Liste hat eine
stark fortschrittliche Färbung.
25. November. (Finanzen.) Deputiertenkammer: Vorlegung
der Rechenschaftsberichte für die Finanzjahre 1886/87 und 1887/88
und des Voranschlags für 1888/89.
Im Verwaltungsjahre 1887/88 haben die Einnahmen den Voranschlag
um 50 Millionen überstiegen. Die Ueberschüsse aus früheren Jahren würden
genügen zur Bedeckung der militärischen Ausgaben — für Afrika und der
jüngsten Bewilligungen für die Arsenale der Armee und Marine. Doch
sollen hiefür gleichwohl noch 70 Millionen in 10 Jahren tilgbarer Schafe
scheine besonders bestimmt werden, deren Ausgaben indes sich wohl nicht als
nötig erweisen werde. Für 1888/89 sei eine Erhöhung der Einnahmen um
44 Millionen zu erwarten, die für 1887/88 veranschlagt gewesenen, außer-
ordentlichen Ausgaben von 41 Millionen würden wegfallen. Aus den im
Juni bewilligten außerordentlichen Heeresausgaben würde ein Fehlbetrag
von 10 Millionen bestehen bleiben, welcher durch eine sofort einzuführende
Erhöhung des Eingangszolles auf Zucker zu bedecken sei. Für etwa nötig
werdende besondere Ausgaben behalte sich der Minister außer einer Revision
der Gebäudesteuer noch die Beantragung einer besondern Militärsteuer vor.
Das Gleichgewicht des Staatshaushalts sei somit völlig hergestellt.
26. November. (Allgemeine Politik.) Kammer: Bei Ver-
lesung des Entwurfs zur Beantwortung der Thronrede ergreift Fer-
rari (radikal) das Wort:
Unter Berufung auf die Vergangenheit Crispis, seine notorisch demo-
kratischen Grundsätze und mehrere von ihm als Oppositionsmann gehaltenen
Reden erkennt er zwar an, daß mit Crispis Uebernahme der Kepierung
eine neue politische Aera begonnen habe, daß die äußere Stellung Italiens
verbessert worden und daß die Unterordnung der inneren unter die äußere
Politik beseitigt worden sei, sowie daß der Depretissche Transformismus
sein Ende gefunden habe; aber er beklagt, daß die parlamentarische Situa-
tion noch immer an Unklarheit leide. Der Ministerpräsident sei moralisch
verpflichtet, entschieden Stellung zu nehmen und allen Hoffnungen auf eine
Aerlinhn und Aufgebung seines alten, rühmlichen Programms ein Ende
zu machen.
Crispi erwidert:
„Meine Ansicht war stets die, daß die Kammer berechtigt sei, die
Beantwortung der Thronrede zu diskutieren. Die Kammer hat es nie ge-
than; will sie heute von ihrer Gewohnheit abweichen, so hat die Regierung
nichts dagegen einzuwenden. Das Programm der Regierung ist bekannt;
ihre Handlungen sind die deutlichsten Anzeichen ihrer Gedanken. Die Re-
gierung wünscht, daß sich zwei große parlamentarische Parteien bilden, deren
eine sie unterstützt, die andere sie bekämpft. Wir ziehen den offenen Kampf
dem kleinen Kriege mittelst der Stimmurne vor, denn wir wünschen unsere
Freunde und unsere Gegner zu kennen. Es ist uns z. B. vorgekommen, als
wenn bei der heutigen Abstimmung über den Schutz der Monumente und
das Sperrgesetz zuviel gegnerische Stimmen sich offenbart hätten. Darin lag
etwas überraschendes. Warum bekämpft man das Ministerium nicht mit
offenem Visir? In der königlichen Botschaft haben nicht alle beabsichtigten