Metternich's deutsche Pläne. 495
Geschickt wußte die österreichische Politik dies sorglose Vertrauen des
Bundesgenossen zu mißbrauchen. Metternich hat wohl in späteren Jahren,
als er ernster und arbeitsamer wurde, zuweilen ein kunstvoll angelegtes,
sein durchdachtes Ränkespiel geführt; in jener Zeit war er noch ganz der
leichtfertig frivole Lebemann, brachte den leidenschaftlichen Gentz, der den
Kampf gegen Preußen und Rußland mit grimmigen Ennste führte, durch
seine träge Sorglosigkeit und seine faden Liebesabenteuer oft zur Ver-
zweiflung. Gegen Hardenberg's kindliche Arglosigkeit genügte aber schon
ein gemächliches Zuwarten und gelegentlich eine freundliche Lüge. Da der
Oesterreicher jeder Erörterung der deutschen Verfassungsfrage auswich, so
blieb der preußische Staatsmann hartnäckig in dem Glauben, die Hofburg
werde sich doch noch bewegen lassen das gefährliche Wächteramt am Ober-
rheine zu übernehmen. Noch mehr, er handelte, als ob seine dualistischen
Pläne bereits die Zustimmung des Wiener Hofes gefunden hätten, und
bewilligte vertrauensvoll, daß Oesterreich als die führende Macht Süd-
deutschlands mit den Südstaaten über ihren Beitritt zur Coalition unter-
handeln sollte; das schien sich ohnehin von selbst zu verstehen, da die
österreichischen Truppen bereits an der bairischen Grenze standen. So
wurde das Schicksal der deutschen Verfassung in Oesterreichs Hände ge-
legt; und dies in einem Augenblicke, da der Abfall der Rheinbündler an
dem Gange des Krieges nichts mehr ändern konnte! Von den Verträgen
mit den Königskronen des Südens hing die Form des künftigen Deutschen
Bundes ausschließlich ab; in Norddeutschland, dem Machtgebiete Preußens,
war nichts zu unterhandeln, dort galt es zunächst nur den König Jerome
und die napoleonischen Präfecten zu verjagen. Was die hoffenden Patrioten
von der Hofburg zu erwarten hatten, das lehrte im October ein chnischer
Aufsatz von Gentz in der Prager Zeitung: der Sieg sei der Uebergang
aus dem Zustande der Entsagung in den Zustand der Ruhe und des
Genusses! Das lehrten noch deutlicher die endlosen Verhandlungen über
Stein's Centralverwaltungsrath.
Ein Unstern schwebte von Haus aus über dieser Schöpfung des Frei-
herrn; monatelang fand sie keine rechte Thätigkeit, da man noch wenig
erobert hatte. Alle die fremden Mächte, die noch zu Deutschland gerechnet
wurden, England, Schweden, Oesterreich äußerten wiederholt ihr Miß-
trauen. Die entthronten Kleinfürsten dagegen drängten sich heran, und
natürlich durfte der unaufhaltsame Gagern nicht fehlen; der alterprobte
Lebensretter der Kleinstaaterei zeigte Vollmachten vor von dem Kurfürsten
von Hessen und dem Fürsten von Oranien, forderte Sitz und Stimme
für die beiden Herren ohne Land. Sobald Oesterreich der Allianz bei-
getreten war, verlangte Metternich sogleich gänzliche Umgestaltung der
verdächtigen Behörde: sie durfte nichts sein als ein militärisches Ver-
pflegungsamt. Der russische Gesandte Alopeus, der bisher die provisorische
Verwaltung in Mecklenburg geführt, ein vertrauter Freund der preußischen