498 I. 4. Der Befreiungskrieg.
ganzen Verlauf des Krieges ändern konnte, war der Staatskanzler aller-
dings bereit gewesen auf die fränkischen Markgrafschaften zu verzichten.
Jetzt in völlig verwandelter Lage dachte man gar nicht mehr daran für
geringen Gewinn ein solches Opfer zu bringen; vielmehr hatte Friedrich
Wilhelm eben jetzt den Obersten Krauseneck beauftragt von Böhmen aus
einen Streifzug gegen Ansbach-Bayreuth zu unternehmen und die Franken
zur Erhebung für ihren alten Fürsten aufzurufen. Da erfuhr man, daß
Metternich die preußische Vollmacht mißbraucht hatte um zu erreichen,
was die Hofburg schon seit dem Hubertusburger Frieden unablässig er-
strebte, um den norddeutschen Staat aus dem Süden zu verdrängen und
ihn der Position in der Flanke Böhmens zu berauben. Der König war
nicht minder erbittert als das Volk der Markgrafschaften. Es bezeichnet
die kindliche politische Bildung der Zeit, daß sobald die Fesseln des Rhein-
bundes sich lockerten, alle deutschen Stämme ohne Ausnahme zu ihren alt-
angestammten Fürstenhäusern zurück verlangten. Nirgendwo äußerte sich
diese legitimistische Gesinnung so lebhaft wie unter den Franken; sie waren
einst durch Hardenberg's Verwaltung aus tiefem wirthschaftlichem Ver-
falle emporgehoben worden und hatten dann unter der Willkürherrschaft
der Präfecten Montgelas' schwer gelitten. Sie bestürmten den König sie.
nicht aufzuopfern, beschworen nachher den Wiener Congreß in einer rühren-
den Adresse um die Rückkehr des alten Fürsten, dessen weise Verwaltung
allein das Land in den Stand gesetzt habe die Leiden der letzten acht
Jahre zu überstehen. Durch viele Jahrzehnte blieb im Fichtelgebirge die Er-
innerung lebendig an die gute alte Zeit, da die Königin Luise mit ihrem jungen
Gemahl die Felsklüfte der Luxburg durchwandert hatte; die Kinder suchten
im Walde nach dem Adlerfarrnkraut, das im Querschnitt den brandenburgi-
schen Adler zeigt. Der König empfand es bitter so viel herzliche Treue
zurückweisen zu müssen; sein Staatskanzler mußte sobald die Rieder Ver-
abredungen bekannt wurden Preußens Ansprüche auf Ansbach-Bayreuth
feierlich vorbehalten. Aber die Verwahrung war zu spät. Um doch nicht
gänzlich leer auszugehen besetzte Preußen bald nach der Leipziger Schlacht
das Herzogthum Berg und behielt dies Land, das in München von jeher
als das Aequivalent der fränkischen Markgrafschaften angesehen wurde, in
seiner Verwaltung. —
Dergestalt war bereits entschieden, daß Oesterreich die Gestaltung der
deutschen Zukunft in seiner Gewalt hielt. Indessen wuchs die Bedrängniß
des Imperators. Neue gewaltige Aushebungen wurden dem erschöpften
Frankreich zugemuthet: die Nation solle sich ein Beispiel nehmen an den un-
geheuren Anstrengungen des kleinen Preußens, ihr Alles einsetzen in diesem
Kriege gegen England; denn nur darum dauere der Kampf fort weil der
unversöhnliche englische Feind verlange, daß die Franzosen wie die Hindus
allein für ihn arbeiteten. Das elende Weib, das in Napoleon's Namen
die Regentschaft führte, die Tochter des letzten deutschen Kaisers, hatte die