Verhandlungen in Freiburg und Basel. 535
schen seiner Getreuen keineswegs abgeneigt, aber Metternich blieb stand—
haft bei dem Systeme seiner Arrondirungspolitik. Er wollte die rhein—
bündischen Höfe nicht reizen, und obwohl das Karlsruher Cabinet noch
zwei Jahre lang durch die österreichische Gesinnung des Breisgaues leb—
haft beunruhigt wurde, so hat doch die Hofburg niemals während dieser
ganzen Zeit auch nur versucht mit Baden wegen des Rückfalls der vorder—
österreichischen Lande zu verhandeln. Hardenberg sah mit Kummer, daß
Oesterreich selber für die süddeutsche Machtstellung, welche er ihm zu—
dachte, gar keine Neigung offenbarte.
Nachdem die Schwankungen jener Frankfurter Tage überwunden
waren, stellte sich rasch das natürliche Verhältniß der Parteien unter den
Verbündeten wieder her. Preußen und Rußland forderten eine entschlos—
sene Kriegführung, Oesterreich und England wichen der Entscheidung
ängstlich aus. Die Spannung im großen Hauptquartiere nahm bedenk—
lich zu. Ueberall stießen die beiden Parteien feindlich auf einander. In
der Schweiz versuchte Metternich durch den Grafen Senfft der Berner
Aristokratie wieder ihre alte Vollgewalt sowie die Herrschaft über den
Aargau und das Waadtland zu verschaffen. Czar Alexander dagegen
spielte den Gönner der liberalen Ideen, unterstützte die Landsleute seines
waadtländischen Lehrers Laharpe und erreichte, mit Preußen vereint, daß
die Unabhängigkeit der neuen Cantone anerkannt und also doch etwas
von den berechtigten Neubildungen der jüngsten Jahre in das Zeitalter
der Restauration hinübergerettet wurde.
Der langsame Marsch gewährte den preußischen Staatsmännern
genügende Muße um über die Friedensbedingungen zu berathschlagen. Zu
Freiburg stellte Knesebeck in einer Denkschrift die Forderungen zusammen,
die ihm, Angesichts der Stimmungen der Hofburg, noch erreichbar schienen.
Während im schlesischen Hauptquartiere bereits das Verlangen nach der
Rückerwerbung der deutschen Thermopylen, der Vogesen erhoben wurde,
hielten sich die österreichischen Diplomaten streng an das Manifest vom
1. December, das ihnen schon allzu kühn vorkam. Knesebeck meinte also:
„da man einmal hingesprochen hat, daß Frankreich größer als unter den
Königen sein, der Rhein einen Theil seiner Grenze ausmachen soll, so
bleibe der Rhein Grenze von Basel bis Landau.““") Nur Straßburg
hoffte er als eine freie Stadt für Deutschland zurückzugewinnen. Für
Preußen forderte er: Sachsen, Westphalen, Berg, das linke Rheinufer
und vor allem das gesammte polnische Land bis zum Narew. Die fixen
Ideen der Russenfurcht ließen den pedantischen Mann nicht schlafen.
Hardenberg aber wollte sich zunächst über Rußlands Absichten Klar—
heit verschaffen. Daher bat er in Freiburg und nachher in Basel, wie es
sein König schon oft gethan, den Czaren dringend um die bündige Er—
*) Knesebeck's Denkschrift über die Reconstruction Preußens, 7. Januar 1814.