132 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages.
hatte, als er durch sein gehässiges Auftreten in den sächsischen Händeln
den so oft erprobten Beistand Preußens verscherzte. König Max Joseph
und Montgelas beschworen den preußischen Gesandten Küster, der Wiener
Streitigkeiten zu vergessen. Der Staatskanzler erwiderte kühl: „die Zeit
wird darüber entscheiden;“ zeigt der bayrische Hof in Zukunft freund—
schaftliche Gesinnungen, so wird der König unser Herr nicht unversöhn—
lich sein. Dann befahl er dem Gesandten, im Verein mit England und
Rußland den österreichischen Unterhändler zu unterstützen.)
In Altbayern erregte die Nachricht von Osterreichs Forderungen leiden-
schaftlichen Zorn. Das Innviertel war seit Jahrhunderten, bis auf eine
kurze Unterbrechung, immer wittelsbachisch gewesen, Salzburg hatte stets
zum bayrischen Reichskreise gehört und mit den Nachbarn im Kurfürsten-
tume freundlichen Verkehr unterhalten. Und diese beiden Landschaften
mit ihrer reinbayrischen Bevölkerung sollte man dahingeben für die ent-
legene überrheinische Pfalz, deren bewegliches, leichtlebiges Volk dem schweren
altbayrischen Wesen von altersher widerwärtig war! Der alte Stammes-
haß gegen die Osterreicher regte sich wieder, die Erinnerungen an die
Kämpfe von 1705 und den sagenhaften Schmied von Kochel waren in
jedermanns Munde. Den Salzburgern ward bei schwerer Strafe ver-
boten, von der Abtretung des Landes auch nur zu reden. Marschall Wrede
polterte und drohte, und in den Kreisen der Offiziere vernahm man die
bittere Klage: „uns fehlt der Schutz Napoleons.“ Am lautesten zürnte
Kronprinz Ludwig; der empfand es als eine Entehrung der neuen Königs-
krone, daß der Tausch seinem Hause nicht durch freien Vertrag, sondern
durch den Befehl der vier Mächte aufgezwungen werden sollte. Auch die
literarischen Mordbrenner der Wittelsbacher rückten wieder ins Feuer.
Eine grimmige Flugschrift „Entweder — oder", von Aretin verfaßt und
durch den Prinzen Karl massenhaft verbreitet, forderte alle treuen Bayern
brüllend auf, „jede Pflugschar in ein Schwert zu verwandeln, die Zwei-
herrschaft Osterreichs und Preußens zu bekämpfen.“ Im Salzburgischen
wurde durch die bayrischen Beamten eine Petition umhergetragen, welche
dem Hofe „hunderttausende von Bajonetten“ freiwilliger Salzburger zur
Verfügung stellte: „das Volk ist es, das durch keine Überbildung ent-
nervt, mit üppiger Fülle des Jugendalters gerüstet ist; und das Fürsten-
haus ist es, das älter als alle anderen! Sollten wir dieses von Osterreich
zu befürchten haben, welches noch kürzlich, als es sich den Absichten Preu-
ßens auf Sachsen widersetzte, die edelsten und gerechtesten Grundsätze aner-
kannte?" Während das Bajuvarentum dergestalt den alten Groll gegen
die norddeutsche Großmacht von neuem ausschüttete, sagte König Max
Joseph zu Küster: er hoffe auf einen nahen Krieg zwischen Osterreich
und Preußen, dann werde Bayern treu auf Preußens Seite stehen!)
*) Küsters Bericht, 2. Sept. Weisungen Hardenbergs vom 5. Okt. u. 1. Dez. 1815.
**) Küsters Bericht, 25. Januar 1816.