134 III. 3. Troppau und Laibach.
Eroberer kämpften, erhoben auch die Kolonien das Banner des Aufstandes,
sie verjagten die Statthalter Joseph Napoleon's und bildeten Junten
nach spanischem Muster. Aber aus dem gemeinsamen Kampfe um natio—
nale Selbständigkeit entwickelte sich nach und nach der Widerstand gegen
Spanien selber, da das vom Kriege zerrüttete Mutterland die Kolonien
sich selber überlassen mußte und die Cortes von Cadiz sich gleichwohl
berechtigt glaubten „den Spaniern beider Hemisphären“ Gesetze zu geben.
Schon im Jahre 1810 ertönte aus Mexico der Grito de dolores, eine
gräßliche Empörung brachte die spanische Herrschaft in Mittelamerika
dem Untergange nahe. Ein Jahr darauf verwahrte sich die „Erstgeborene
der amerikanischen Freiheit“ Venezuela, fast mit den Worten der nord—
amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, das natürliche Recht der Völker,
jeden Bund aufzulösen, der dem ursprünglichen Zwecke des Staatsvertrages
nicht entspreche.
Jener „Schmerzensschrei“ der Mexicaner, der späterhin in das
Wörterbuch der revolutionären Propaganda aufgenommen wurde, fand,
als er zuerst erklang, in Europa wenig Beachtung; so lange die Spanier
selbst den Verzweiflungskampf wider Napoleon führten, konnte ein Aufruhr
wider dies bewunderte Volk in der alten Welt nur wenig Theilnahme
erwecken. Als König Ferdinand nach Madrid zurückkehrte, lag es in
seiner Hand, die offenbar verfrühte Bewegung durch einige kluge Zugeständ—
nisse zu unterdrücken. Der verblendete Hochmuth des Bourbonen fachte
das schon erlöschende Feuer wieder zu hellen Flammen an. Im Jahre
1817 standen die Chilenen auf, das thatkräftigste Volk des südlichen Con—
tinents. Seitdem schritt die Revolution gewaltig vor und sie bekannte
jetzt offen ihr letztes Ziel, die Trennung vom Mutterlande. Die völker—
bildende Macht des Krieges gab dem Leben dieser jungen Völker zuerst
einen großen Inhalt, sie erweckte ihnen gemeinsamen Haß und Stolz, ge—
meinsame ernste Erinnerungen und damit das Bewußtsein ihrer Eigenart.
Das glänzende Vorbild der benachbarten Vereinigten Staaten wirkte un-
widerstehlich auf ein geschichtsloses Geschlecht, das noch nie selbstthätig für
den Staat gelebt und soeben erst die Gleichheitslehren der Franzosen wie
eine neue Offenbarung empfangen hatte; und schon ließ sich voraussehen,
daß aus dem Mordbrand des gräuelvollen Krieges ein ganzes Bündel
von Republiken hervorgehen und die Republik in Amerika auf lange hinaus
die Staatsform der Regel bleiben würde, wie die Monarchie in Europa,
die Theokratie im Orient.
Die Bürger Nordamerikas harrten ungeduldig des Tages, da ihr
junger Welttheil der Vormundschaft Europas endlich ganz entwachsen
sollte. Die englische Handelspolitik hatte ihren spanischen Bundes-
genossen, nachdem er gegen Napoleon seine Dienste gethan, gleichgiltig
fallen lassen und betrachtete mit offenbarem Wohlgefallen den Fortgang
einer Bewegung, die ihr ein unendliches Marktgebiet zu erschließen ver-