218 III. 4. Der Ausgang des preußischen Verfassungskampfes.
und den gesammten wissenschaftlichen Unterricht der jungen Cleriker allein
der Universität zu überweisen; darauf sollte nur noch ein kurzer praktischer
Cursus im Kölner Priesterseminar folgen. In der theologischen Facultät
aber herrschten Hermes und sein Gesinnungsgenosse Gratz. Nun und
nimmer wollte Droste die künftigen Pfarrer des frommen Münsterlandes
solchen Lehren und dem Verkehre mit ketzerischen Studenten preisgeben.
Er ließ daher in der Akademie eine Verordnung anschlagen, welche allen
Theologen des Bisthums, bei Strafe der Versagung der Weihen, verbot
ohne ausdrückliche Erlaubniß des Generalvicars außerhalb Münsters zu
studiren. Einem Studenten, der daraufhin anfragte, untersagte er sofort,
nach Bonn zu gehen, ohne Angabe von Gründen.
Es war eine offene Kriegserklärung wider die rheinische Universität
und zugleich ein dreister Eingriff in die Rechte der Staatsgewalt; denn
die Akademie gehörte dem Staate, und nur der Curator Vincke durfte
ihr Befehle ertheilen. Der letzte Zweifel über Droste's Absichten mußte
schwinden, als einige Wochen später (3. März) der Weihbischof v. Graben
im benachbarten Osnabrück seinen Theologen ebenfalls befahl, vorläufig
nur in Münster weiter zu studiren, bis die geistliche Obrigkeit über den
Geist der andern Universitäten unterrichtet sei.)) Was sollte aus der
Bonner theologischen Facultät werden, wenn sie also von den Bischöfen
in den Bann gethan ward? Sie errieth auch alsbald die Gefahr und
beschwor die Staatsbehörden um kräftige Abwehr: „wir haben mit einem
Gegner zu thun, der mit einem Schlage tödten will.“ Diese hermesia-
nischen Theologen erklärten unumwunden, noch immer sei „der hierarchische
Despotismus an der Standhaftigkeit der Regierungen gescheitert“, und
erinnerten den preußischen Staat an das ruhmreiche Beispiel der Republik
Venedig.“)
Die Mahnung war kaum nöthig; denn Vincke hatte inzwischen
schon die Verordnung Droste's für nichtig erklärt und sie vom schwarzen
Brett abreißen lassen. Selbst Altenstein billigte das entschlossene Auf-
treten des Curators, obgleich er in seiner Friedfertigkeit jeden Streit mit
der geistlichen Gewalt fast eben so ängstlich scheute wie sein Rathgeber,
der halbelericale Schmedding; er forderte den Generalvicar auf, sich zu
rechtfertigen wegen eines Betragens, das den Vorschriften des Allgemeinen
Landrechts offenbar widerspreche. *) Darauf erfolgte (20. März) eine
Antwort, die selbst aus solcher Feder noch überraschen mußte. Droste
*) Droste an stud. th. v. d. Meulen, 23. Febr.; Verordnung des Weihbischofs
v. Graben, Osnabrück 3. März 1820. Diese und die in den folgenden Anmerkungen
erwähnten Schriftstücke habe ich in den Akten des Bonner Curatoriums, mit Erlaubniß
des Herrn Geh.-Rath Beseler, eingesehen.
*“) Eingabe der Bonner theologischen Facultät an Altenstein, 26. Febr.; an den
Curator v. Rehfues, 26. Febr.; Dekan Gratz an Rehfues, 16. März 1820.
!'yF) Altenstein an Vincke, 1. März; an Droste, 1. März 1820.