220 III. 4. Der Ausgang des preußischen Verfassungskampfes.
Der Angriff der Clericalen war vollständig abgeschlagen, und die
öffentliche Meinung, die sonst so gern über die preußische Knechtschaft
wehklagte, stand diesmal einmüthig auf Seiten der Staatsgewalt. Ein
Hermesianer in Nassau ließ Droste's Schreiben drucken um die Re-
gierungen vor den Umtrieben ihrer geistlichen Widersacher zu warnen.
In der That warf der Hergang ein erschreckend klares Licht auf die
letzten Absichten der ultramontanen Partei. Man wußte in Berlin, wie
lebhaft die aufsässigen westphälischen Cleriker insgeheim mit dem Nuntius
in München verkehrten, und erfuhr mit Befremden, daß Preußens treuer
Freund Metternich die freche Antwort des Münster'schen Generalvicars
in seinem Oesterreichischen Beobachter mit wohlwollender Anerkennung
besprechen ließ.) Die Verständigung mit dem römischen Stuhl ließ den
Staat im Vollbesitze seiner kirchenpolitischen Rechte, und seit der Papst
dem Könige öffentlich seine Dankbarkeit ausgesprochen, verhielten sich die
Clericalen eine Zeit lang still. Doch gesichert war der confessionelle Friede
mit nichten. Alles hing ab von der Ausführung jener Uebereinkunft; mit
Spannung sahen beide Parteien der Ernennung der neuen Bischöfe ent-
gegen. —
Zur selben Zeit, da Preußen sich mit dem römischen Stuhle ver-
ständigte, gelangte auch Baiern zum Abschluß seines Concordatstreites,
nicht auf geraden Wegen, doch so, daß der Staatsgewalt zuletzt der Sieg
verblieb. Der Widerspruch zwischen dem streng kanonischen Concordate
und dem paritätischen Geiste der neuen Verfassungsgesetze ließ sich schlechter-
dings nicht in Abrede stellen. Der römische Stuhl sah sich hintergangen.
Sein Nuntius Serra-Cassano bemühte sich den Widerspruch im Sinne
des Vaticans auszugleichen und leitete insgeheim eine gegen die Ver-
fassung gerichtete clericale Bewegung. Auf der anderen Seite waren die
Anhänger des alten Illuminatenordens sehr rührig und überschütteten
in den „Mönchsbriefen“ und anderen Streitschriften das Papstthum mit
gehässigem Spotte. Zentner aber, Lerchenfeld, Ignaz Rudhart, alle
Talente des hohen Beamtenthums zeigten sich entschlossen, die begangenen
Mißgriffe durch unerschütterliche Festigkeit zu sühnen, und sie hatten von
Haus aus gewonnenes Spiel, da das Concordat, auf den Wunsch der
Curie selber, als Staatsgesetz verkündet, mithin unzweifelhaft den Vor-
schriften der Verfassung untergeordnet war. Als Cardinal Consalvi am
8. März 1820 die Forderung stellte, im Falle des Widerspruchs müsse
das Concordat den Verfassungsgesetzen vorgehen, da erwiderte Rechberg
vertraulich: eine solche Erklärung sei unmöglich, sie würde die kirchen-
feindlichen Parteien aufs Aeußerste erregen und vielleicht den Bestand des
Ministeriums selber gefährden. Schritt für Schritt wich der Cardinal
seitdem zurück, und nach langen Verhandlungen unterzeichnete der König
*) Zastrow's Bericht, 31. Dec. 1820; Krusemark's Bericht, 24. April 1820.