592 III. 7. Altständisches Stillleben in Norddeutschland.
auseinanderzuhalten. Aber schon der dritte Bernstorff, Graf Christian
— der spätere preußische Minister — hatte einen schweren Stand gegen—
über der dänischen Nationalpartei, die sich unter Rosenkrantz's Führung
schaarte.
Während er die auswärtigen Angelegenheiten leitete, begann die Krone
ihre offenen Angriffe gegen das Landesrecht Schleswigholsteins mit einem
Patente, das für den König das unbedingte Besteuerungsrecht in Anspruch
nahm (1802). Die Ritterschaft protestirte und schickte sich an eine Klage
bei den Reichsgerichten einzureichen. Da brach das heilige Reich zusam—
men, die alte Inschrift am nördlichen Thore von Rendsburg Eidora Ro-
mani terminus imperün wurde abgenommen und ein Patent vom 9. Sept.
1806 vereinigte Holstein „mit dem gesammten Staatskörper der Monarchie
als einen in jeder Hinsicht ungetrennten Theil derselben“. Dadurch war
die alte Landesverfassung und Erbfolgeordnung noch nicht unmittelbar
gefährdet; denn auf Bernstorff's Einspruch unterblieb die anfangs beab-
sichtigte Einführung des Königsgesetzes in Holstein..) Aber nunmehr folgten,
da das deutsche Land nicht mehr durch die Reichsgerichte geschützt wurde,
Schlag auf Schlag die Gewaltthaten wider die Selbständigkeit der Herzog-
thümer. Die Verordnungen erschienen in beiden Sprachen, alle Bestal-
lungen wurden dänisch ausgefertigt, die theologischen Candidaten in der
dänischen Sprache geprüft, der Unterricht im Dänischen in allen höheren
Schulklassen eingeführt, endlich sogar die dänische Reichsbank gegründet
(1813) und alle liegenden Gründe in Schleswigholstein bis zu sechs Pro-
cent ihres Werthes mit der Bankhaft belastet. Zugleich wirkte die schwere
Finanznoth Dänemarks verderblich auf die deutschen Herzogthümer zurück;
das angemaßte Besteuerungsrecht ward unerbittlich gehandhabt, ganze
Dorsschaften erlagen der Last und verfielen in Concurs.
Hand in Hand mit dieser Willkür der Staatsgewalt ging der Ueber-
muth des dänischen Volks. Der neue König Friedrich VI. fühlte sich ganz
als Däne und vertauschte seinen deutschen Taufnamen mit dem dänischen
Frederick. Schon 1804, da er noch als Kronprinz in Kiel lebte, verfocht
unter seinen Augen der Prinzenerzieher Hoegh-Guldberg die Lehre, die
Herzogthümer seien verpflichtet, die Sprache „des Mutterlandes“ zu er-
lernen; herablassend fügte er den Trost hinzu, damit sei nicht gemeint,
daß sie sogleich und gänzlich die deutsche Sprache ablegen sollten. Als
*) Das Verhalten des Grafen Chr. Bernstorff bei den Vorgängen von 1806 ver-
dient in keiner Weise die meines Wissens zuerst von Droysen und Samwer (die Herzog-
thümer Schleswigholstein und das Königreich Dänemark, S. 63) erhobenen und später-
hin oft wiederholten Vorwürfe. Sein Brief vom 26. Aug. 1806 (bei Wegener, Beitr.
zur Geschichte Dänemarks I. 331) rechtfertigt ihn vollständig. Aus Rist's Denkwürdig-
keiten erhellt überdies, daß er von der dänischen Nationalpartei bekämpft wurde. Auch
sein späteres Verhalten gegenüber den Herzogthümern bekundet zwar wenig staatsmänni-
sche Einsicht, aher durchaus keine Feindseligkeit.