Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

752 Schmalz und sein Rother Adlerorden. 
Wer ruhig prüft, wird leicht finden, daß der Sachverhalt hinsichtlich des preußischen 
Ordens gar nicht so einfach liegt. Der Denunciant war ja leider kein nichtiger Mensch, 
sondern ein brauchbarer, namentlich um die Begründung der Universität Berlin ver- 
dienter Beamter, ein angesehener Gelehrter, von dem sein Schwager Scharnhorst nie 
anders als mit Hochachtung sprach, ein bewährter Patriot, der während der französischen 
Occupation für die preußische Sache gelitten hatte, der während der Befreiungskriege 
große Geldopfer brachte, gemeinnützige Vorlesungen hielt u. s. w. Zudem verstand er 
trefflich, sein Licht nicht hinter den Scheffel zu stellen. Einem so tüchtigen und streb— 
samen Beamten konnte schon damals der Rothe Adler kaum entgehen, obgleich diese 
Auszeichnung noch nicht ganz so häufig vorkam, wie heutzutage. So tief mich dieser 
Kleinkram anwiderte, so habe ich doch alle Winkel der Literatur durchstöbert, um über die 
Gründe der Ordensverleihung ins Klare zu kommen; ich habe neuerdings auch im Geh. 
Staatsarchiv, endlich sogar in den Personalacten der General-Ordenscommission Nach- 
sorschungen anstellen lassen. Alles Suchen blieb vergeblich, da die Ordens-Acten jener Zeit 
bereits cassirt sind. Bisher hat sich nur ein Actenstück auffinden lassen, das über die 
persönlichen Beziehungen zwischen dem König und dem Geh.-Rath Schmalz einigen Auf- 
schluß giebt: eine an Schmalz gerichtete Cabinetsordre vom 16. August 1814. Sie lautet: 
„Ihre Mir angezeigte Absicht, durch Ertrag öffentlicher Vorlesungen zur Er- 
leichterung solcher Invaliden, welche das Eiserne Kreuz erworben haben, fortdauernd 
wirken zu wollen, schätze Ich nach ihrem ganzen Werthe."“ 
Die Ordre ist charakteristisch für Schmalz's Strebsamkeit, und wer da weiß, wie 
langsam und gründlich man im preußischen Beamtenthum die Ordensverleihungen vor- 
bereitet, wird sich der Vermuthung kaum enthalten können, daß der an Schmalz im 
Oktober 1815 verliehene Orden vielleicht die Belohnung für jene patriotischen Vorlesungen 
war. Möglicherweise aber auch die Anerkennung für andere amtliche Verdienste. Wenige 
Wochen nach ihm erhielten noch zwei seiner Collegen von der Academie der Wissenschaften, 
Bode und Hermbstädt, zwei ganz unpolitische Männer, den nämlichen Orden. Darauf 
hieß es im Publikum sogleich, dies sei nur geschehen, um den wahren Grund der dem 
Prof. Schmalz gewährten Auszeichnung zu verbergen — und so weiter in dulce insi- 
nitum. Soll ich mich in das Meer dieser Klatschereien noch länger vertiefen? Nein, 
Alles hat ein Ende, also auch meine Untersuchung über diesen nichtswürdigen rothen 
Vogel. Mag er immerhin in Baumgarten's Geschichtsphilosophie dieselbe Rolle spielen, 
wie die verhängnißvolle Gabel in der Schicksalstragödie: mir hat er schon genug edler 
Zeit gestohlen. Ich gebe ihm hiermit förmlich den Abschied und erkläre bescheiden: Ich 
weiß wirklich nicht, warum Schmalz den Rothen Adlerorden dritter Classe bekommen hat. 
Und weil ich es nicht weiß, darum habe ich mich über diese widerliche Sache mit wohl 
überlegter Behuthsamkeit geäußert. 
Daß die Auszeichnung grade in diesem Augenblicke erfolgte, war unter allen Um- 
ständen ein Fehler; dagegen weiß ich sicher, daß der König nicht beabsichtigt hat, durch jene 
Ordensverleihung die Gegner Schmalz's irgendwie zu kränken. Denn in den nämlichen 
Tagen, da Schmalz decorirt wurde, empfing der namhafteste seiner Widersacher, Niebuhr, 
die amtliche Mittheilung, daß der König ihn für den Vertrauensposten in Rom bestimmt 
habe; und bald nachher ernannte der König den edlen Mann, welchen Schmalz am 
ärgsten verleumdet hatte, E. M. Arndt zum Professor in Bonn. Noch klarer erhellt 
die Unparteilichkeit des Königs aus der Verordnung, welche dem Zanke ein Ende machte. 
Ich habe gesagt, diese Verordnung sei „würdig und freundlich gehalten"“". Da Baum- 
garten auch dies Urtheil bemängelt, so muß ich ernstlich bezweifeln, ob er den ganzen 
Wortlaut der Verordnung gekannt hat. Sie liegt vergraben im Jahrgang 1816 der 
Preußischen Gesetzsammlung, der heute nur selten aufgeschlagen wird, und lautet, 
wie folgt: 
„Verordnung wegen der angeblichen geheimen Gesellschaften. Vom 6. Januar 1816. 
Wir Friedrich Wilhelm, u. s. w. haben den Parteigeist mit gerechtem Mißfallen
	        
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