Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

268 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
baden sich verschärfte, da meinte der Nassauer Marschall, jetzt sei endlich 
der Tag gekommen für die Vernichtung der neuen Verfassungen, die er 
schon auf den Karlsbader und Wiener Konferenzen vergeblich erstrebt hatte.) 
In einer Denkschrift über landständische und Repräsentativ-Verfassungen, 
welche er um Neujahr 1832 den Höfen zusendete, verlangte er kurzweg 
einen Staatsstreich des Bundestags: da der Art. 13 der Bundesakte 
nur landständische Verfassungen gestatte, so müsse der Bund durch ein- 
fachen Mehrheitsbeschluß diese Vorschrift ausführen, die Verantwortlichkeit 
der Minister, die Zivillisten und was sonst noch dem monarchischen Prinzip 
widerspreche, verbieten, in beiden Hessen, Baden, Württemberg, Bayern, wo 
die selbständige oberste Staatsgewalt dem Regenten bereits entrissen sei, 
eine gründliche Verfassungsänderung erzwingen.) 
Auch General Borstell, der Kommandierende in der Rheinprovinz, 
der das anarchische Treiben der Pfälzer dicht vor seiner Tür sah und 
beständig auf dem Sprunge stehen mußte, gestand dem Adjutanten des 
Königs, General Thile vertraulich: er sehe keine Rettung mehr, wenn 
man nicht die kleinen Staaten durch Waffengewalt nötige, beratende 
Stände nach preußischem Muster einzuführen. Unter den Staatsmännern 
Preußens wurde der Plan einer neuen Karlsbader Konferenz zuerst, schon 
im August 1831, von dem Grafen Maltzahn, dem Gesandten in Hannover, 
ausgesprochen. Vom Bundestage ließ sich ja doch nichts erwarten, wenn 
er nicht von außen her gestachelt wurde; die alte Zank= und Ränkesucht 
der Bundesgesandten war eben jetzt, infolge der braunschweigischen und 
hessischen Händel, wieder so üppig aufgewuchert, daß der ehrliche du Thil 
bei einem Besuche in der Eschenheimer Gasse seinen Abscheu kaum verbergen 
konnte. *) Darum hielt Maltzahn für nötig, daß die leitenden Minister 
Deutschlands wieder wie einst in Karlsbad unter sich die allgemeinen 
Grundsätze für die inneren Angelegenheiten, wo möglich auch ein gleich- 
mäßiges Verwaltungssystem für alle Bundesstaaten verabreden sollten. 
Bernstorff ließ sich durch alle diese reaktionären Bestrebungen nicht in 
seinem Gleichmut stören. In einem Ministerialschreiben vom 1. Nov. 1831 
erwiderte er dem Gesandten ausführlich: an konservativen Grundsätzen 
gebreche es dem Bunde wahrhaftig nicht, seit die Wiener Schlußakte das 
monarchische Prinzip so bestimmt ausgesprochen habe; was fehle, sei allein 
der ernste Wille der Regierungen, die vorhandenen Gesetze anzuwenden. 
Diesen Willen zu kräftigen, bleibe die nächste Aufgabe. Jede Veränderung 
des Bundesrechts wies er ebenso weit von sich wie den Gedanken „einer 
gewaltsamen Aufhebung der durch übel beratene Fürsten erteilten Ver- 
  
*) S. o. III. 10. 
*) Marschall, Denkschrift über den Unterschied landständischer Verfassungen im 
Sinne des Art. 13 und ausländischen Mustern nachgebildeter Repräsentativverfassungen. 
Dem Karlsruher Hofe mitgeteilt 12. Jan. 1832. 
*?**) Du Tbils Aufzeichnungen, 18. Okt. 1831.
	        
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