Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Bernstorffs Bundespolitik. 269 
fassungen"“. Indessen war er mit nichten gemeint, den Bundestag zu 
völliger Untätigkeit zu verdammen; er erkannte vielmehr, daß man mit 
den gehässigen Zeitungsverboten sich nicht begnügen, sondern endlich das 
so oft verheißene definitive Bundespreßgesetz gewähren müsse. Darum ließ 
er durch Eichhorn den Entwurf eines preußischen Preßgesetzes ausarbeiten, 
der allerdings nicht allen Wünschen der Liberalen genug tat, aber große 
Erleichterungen gewährte: wissenschaftliche Werke sollten fortan gänzlich 
frei sein, die Zensur nur für politische Zeitungen fortbestehen und der 
Aufsicht eines unabhängigen, aus Mitgliedern der Akademie und hohen 
Beamten gebildeten Oberzensurkollegiums unterworfen werden.*) Diese 
preußische Reform sollte dann die Grundlage für ein neues Bundes- 
preßgesetz bilden, und die Gesandtschaften erhielten den Auftrag, sich darüber 
zunächst mit den süddeutschen Höfen zu verständigen. Auch die Frage der 
Offentlichkeit der Bundesversammlungen hatte Bernstorff schon seit dem 
Jahre 1829 ernstlich ins Auge gefaßt. Daß die Bundesprotokolle gar nicht 
mehr kundgemacht wurden, widersprach den Absichten des preußischen Hofes 
durchaus. Man wünschte in Berlin, zwar die schwebenden Verhandlungen 
vor jeder Einmischung der Tagesblätter sicherzustellen, aber keineswegs 
die ernste Wissenschaft von jeder Kenntnis der Bundesverhandlungen ab- 
zusperren, und schlug daher vor, daß die Bundesprotokolle, mit wenigen 
Ausnahmen, jedesmal bei Beginn der Ferien in einem Bande veröffentlicht 
werden sollten. Über diesen Vorschlag wurde schon seit Jahren in Frank- 
furt vertraulich unterhandelt. Münch aber wußte durch sein alterprobtes 
Hausmittel alles zu vereiteln; er erklärte beständig, daß er erst aus 
Wien Instruktionen einholen müsse, und Metternichs Weisungen trafen 
niemals ein. 
Mit solchen Plänen bedachtsamer Zugeständnisse trug sich der preußische 
Minister, als ihn der Wiener Hof im September 1831 zu vertraulichen 
Besprechungen über Deutschlands bedrängte Lage auffordern ließ. Seit 
dem Falle von Warschau begann Metternich aufatmend sich zu neuer 
Tätigkeit zu ermannen. Den ganzen Winter über wechselte er mit den 
Gesandten der beiden anderen Ostmächte Denkschriften über das gemeinsame 
System, das man fortan gegen die Revolution einhalten wolle, und be- 
zeichnete diesen wenig fruchtbaren Gedankenaustausch mit dem hochtraben- 
den Namen „Verhandlungen der Wiener Konferenz“, damit Wien doch 
wieder als der Mittelpunktderkonservativen europäischen Politikerschiene) 
Über die Bändigung der deutschen Revolution beriet sich Metternich mit 
dem preußischen Gesandten Frhr. von Maltzahn allein; denn Nesselrode 
verstand die Form zu wahren und schärfte dem Gesandten Tatistschew 
ein: wohl sei es dringend nötig, den kleinen deutschen Regierungen zu 
Hilfe zu kommen, aber hier gebühre der Vortritt den deutschen Groß- 
*) Frankenbergs Bericht, 4. Febr. 1832. 
*) Vgl. oben IV. 79. 
 
	        
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