Bernstorffs Bundespolitik. 269
fassungen"“. Indessen war er mit nichten gemeint, den Bundestag zu
völliger Untätigkeit zu verdammen; er erkannte vielmehr, daß man mit
den gehässigen Zeitungsverboten sich nicht begnügen, sondern endlich das
so oft verheißene definitive Bundespreßgesetz gewähren müsse. Darum ließ
er durch Eichhorn den Entwurf eines preußischen Preßgesetzes ausarbeiten,
der allerdings nicht allen Wünschen der Liberalen genug tat, aber große
Erleichterungen gewährte: wissenschaftliche Werke sollten fortan gänzlich
frei sein, die Zensur nur für politische Zeitungen fortbestehen und der
Aufsicht eines unabhängigen, aus Mitgliedern der Akademie und hohen
Beamten gebildeten Oberzensurkollegiums unterworfen werden.*) Diese
preußische Reform sollte dann die Grundlage für ein neues Bundes-
preßgesetz bilden, und die Gesandtschaften erhielten den Auftrag, sich darüber
zunächst mit den süddeutschen Höfen zu verständigen. Auch die Frage der
Offentlichkeit der Bundesversammlungen hatte Bernstorff schon seit dem
Jahre 1829 ernstlich ins Auge gefaßt. Daß die Bundesprotokolle gar nicht
mehr kundgemacht wurden, widersprach den Absichten des preußischen Hofes
durchaus. Man wünschte in Berlin, zwar die schwebenden Verhandlungen
vor jeder Einmischung der Tagesblätter sicherzustellen, aber keineswegs
die ernste Wissenschaft von jeder Kenntnis der Bundesverhandlungen ab-
zusperren, und schlug daher vor, daß die Bundesprotokolle, mit wenigen
Ausnahmen, jedesmal bei Beginn der Ferien in einem Bande veröffentlicht
werden sollten. Über diesen Vorschlag wurde schon seit Jahren in Frank-
furt vertraulich unterhandelt. Münch aber wußte durch sein alterprobtes
Hausmittel alles zu vereiteln; er erklärte beständig, daß er erst aus
Wien Instruktionen einholen müsse, und Metternichs Weisungen trafen
niemals ein.
Mit solchen Plänen bedachtsamer Zugeständnisse trug sich der preußische
Minister, als ihn der Wiener Hof im September 1831 zu vertraulichen
Besprechungen über Deutschlands bedrängte Lage auffordern ließ. Seit
dem Falle von Warschau begann Metternich aufatmend sich zu neuer
Tätigkeit zu ermannen. Den ganzen Winter über wechselte er mit den
Gesandten der beiden anderen Ostmächte Denkschriften über das gemeinsame
System, das man fortan gegen die Revolution einhalten wolle, und be-
zeichnete diesen wenig fruchtbaren Gedankenaustausch mit dem hochtraben-
den Namen „Verhandlungen der Wiener Konferenz“, damit Wien doch
wieder als der Mittelpunktderkonservativen europäischen Politikerschiene)
Über die Bändigung der deutschen Revolution beriet sich Metternich mit
dem preußischen Gesandten Frhr. von Maltzahn allein; denn Nesselrode
verstand die Form zu wahren und schärfte dem Gesandten Tatistschew
ein: wohl sei es dringend nötig, den kleinen deutschen Regierungen zu
Hilfe zu kommen, aber hier gebühre der Vortritt den deutschen Groß-
*) Frankenbergs Bericht, 4. Febr. 1832.
*) Vgl. oben IV. 79.