Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

276 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
Landesverfassung dadurch nicht abgeändert würde. Im gleichen Sinne 
sprach sich der Herzog von Meiningen aus. Auch der Prinzmitregent 
von Sachsen verwahrte ausdrücklich die Gerechtsame seiner Landstände, 
als er die Bundesbeschlüsse veröffentlichte. Seine Minister zeigten sich 
sehr ängstlich; denn die Nachrichten aus Frankfurt hatten im Lande große 
Unzufriedenheit erregt, die Sachsenzeitung empfahl schon den Bund mit 
Frankreich gegen die deutschen Großmächte, im Vogtlande verbreitete ein 
neugebildeter Preßverein radikale Schriften, und in den geweihten Hallen 
der Dresdner Adligen Ressource wagte Otto von Watzdorf sogar einen 
Protest gegen die Sechs Artikel zur Unterzeichnung auszulegen.) 
König Ludwig von Bayern schwankte lange, bevor er mit sich ins reine 
kam. Schmerzlich überrascht durch das aufrührerische Treiben seiner Pfälzer 
hatte er sich endlich, auf Metternichs und Ancillons dringenden Rat, zur 
Strenge entschlossen und den Feldmarschall Wrede mit einer ansehnlichen 
Truppenmacht nach der unruhigen Provinz gesendet. Alsbald zeigte sich, 
wie wenig revolutionäre Kraft hinter den prahlerischen Reden der Dema- 
gogen stand. Der alte Kriegsmann trat fest und versöhnlich auf; er ver- 
sprach Berücksichtigung aller begründeten Klagen, ließ die Vereine schließen, 
die Freiheitsbäume beseitigen, zahlreiche Verhaftungen vornehmen und stellte 
ohne ernstlichen Widerstand die Ordnung wieder her. Unterdessen feierten 
auch die Franken zu Gaibach ein lärmendes Waldfest, begeisterte junge 
Leute hoben in der Lust des Weines den liberalen Bürgermeister Behr 
auf ihre Schultern und begrüßten ihn als „unseren Frankenkönig“. Auch 
dort wurde mit Untersuchungen und Verhaftungen scharf eingeschritten. 
Der König verbarg sein Mißtrauen nicht, er argwöhnte sogar einen Anschlag 
wider sein Leben, und als ihm die Würzburger in einer schwülstigen 
Adresse „Gut und Blut des ganzen Volkes der Bayern“ zum Kampfe gegen 
den Bundestag anboten, da wies er die Eingabe mit ungnädigen Worten 
zurück. 
Ebenso scharf ließ er eine Vorstellung „konstitutionell getreuer Staats- 
bürger“ aus der Rheinpfalz abfertigen, ein freches Machwerk, aus dem 
noch einmal der ganze Bodensatz der radikalen Phrase emporwirbelte. 
Die Pfälzer sagten: „Bürgerkrieg, so lautet die Losung des Bundestags. 
Wie konnte der Rheinbayern gesetzestreue und freiheitliebende Brust un- 
erschüttert bleiben bei der schrecklichen, ungeheueren, fast unglaublichen 
Nachricht: der Bundestag hat die deutschen Konstitutionen vernichtet! Was 
soll uns Österreich? Dieser alte, morsche, von Würmern zerfressene 
hohle Stamm? Welche Vorteile kann das absolute Preußen dem kon- 
stitutionellen Bayern bieten? Dieses falsche Rohr, das dem durch die 
Hand sticht, der sich darauf stützen will? Wie wird Rußland Bayerns 
Rechte schirmen? Dieser glühende Moloch des Despotismus, dem in heid- 
  
*) Jordans Berichte, 29. Juli, 4. August 1832.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.