Schlußprotokoll. Bayerns Zögerung. 347
den inneren Frieden und die Unabhängigkeit nach außen zu sichern?“*)
Noch bevor ihm diese Predigt vorgelesen wurde, hatte der launische Wittels—
bacher sich schon eines anderen besonnen und die Unterzeichnung des
Schlußprotokolls befohlen; indes stellte er noch einige kleine Bedingungen,
um der Konferenz doch zu zeigen, was auf Bayern ankomme. Auf sein
Verlangen wurde in elfter Stunde noch mehreres geändert: die Verab—
redungen über die Presse und die Universitäten sollten nur auf sechs
Jahre gelten, eine gemeinsame Dienstvorschrift für die Zensoren sollte
nicht erlassen werden, und was der Armseligkeiten mehr war. Nun erst,
am 12. Juni konnte man das Schlußprotokoll einmütig unterzeichnen.
Ancillon bedang sich als besondere Ehre aus, daß ihm die kostbare Ur-
kunde zur nachträglichen Mitunterzeichnung nach Berlin geschickt wurde,
und Metternich hielt eine feierliche Schlußrede. Der preußische Minister
ermahnte das Münchener Kabinett in einer neuen Depesche, nunmehr wenig-
stens das Beschlossene ernsthaft auszuführen, und der Bayer Mieg gelobte
dies auch heilig in der Schlußsitzung)
Mit Genugtuung wurde das klägliche Ergebnis dieser fünfmonat-
lichen Beratungen wohl nur am Berliner Hofe begrüßt. Dort dachte
man sehr bescheiden über die Aufgaben des Bundes, seit die Politik der
lebendigen deutschen Einheit im Zollvereine einen großen Wirkungskreis
gefunden hatte; man war zufrieden, wenn nur der Schein der Eintracht
zwischen den Bundesgenossen gewahrt, und der Revolution mit einigem
Ernst begegnet wurde. Darum richtete der König ein warmes Dankschreiben
an Metternich; trotz der Meinungsverschiedenheiten der jüngsten Jahre
hatte sich seine persönliche Verehrung für den österreichischen Staatsmann
nicht vermindert. Ancillon aber pries in einem Rundschreiben an die
Gesandtschaften den schönen Erfolg der Konferenzen: man habe weder die
Bundesgesetze noch die beschworenen Verfassungen ändern, sondern ledig-
lich „verhindern wollen, daß die bestehenden Gesetze entarteten“; dies sei
glücklich gelungen gegenüber den Landtagen, der Presse und den Universi-
täten, von denen mehrere heute als „wahre Pflanzstätten der Demagogie,
ja selbst des Aufruhrs“ erschienen.)
Auch die über deutsche Dinge immer schlecht unterrichtete französische
Regierung hielt die Wiener Konferenzen für ein folgenschweres Ereignis.
Der neue Minister des Auswärtigen, Rigny, versuchte durch ein Rund-
schreiben und durch persönliche Unterredungen die Diplomatie der Mittel-
staaten vor der Tyrannei der deutschen Großmächte zu warnen: wie könnten
Monarchen, deren Souveränität durch Frankreich verbürgt sei, sich freiwillig
einem auswärtigen „subalternen Gerichte“ unterwerfen?) Frankreichs
*) Ancillon, Weisung an Dönhoff, 2. Juni 1834.
**) Ancillon, Weisung an Dönhoff, 26. Juni 1834.
*?") Ancillon, Rundschreiben, 30. Juni 1834.
) Jordans Bericht, 6. Dez. 1834.