Verhandlungen mit dem süddeutschen Zollvereine. 365
preußischen Gewerbefreiheit widersprachen. Da die gleichmäßige Besteue—
rung der inländischen Konsumtion mithin unausführbar blieb, so bestand
die preußische Finanzpartei hartnäckig auf der Einführung von Ausglei—
chungsabgaben. Die an sich richtige Meinung, daß jede Zollgemeinschaft
die annähernde Gleichheit der indirekten Steuern voraussetze, war seit
dem Jahre 1818 eine der leitenden Ideen der preußischen Handelspolitik.
Die Berliner Finanzmänner hatten sich so tief in diesen Gedanken ein—
gelebt, daß sie ihn alsbald mit fiskalischer Härte auf die Spitze trieben.
Die Ausgleichungsabgaben sind lange, wesentlich durch Preußens Schuld,
ein wunder Fleck der Zollgesetze geblieben; sie belästigten den Verkehr und
brachten geringen Ertrag, auch nachdem sie späterhin die rein fiskalische
Gestalt der „Übergangsabgaben“ annahmen.
Irrte Preußen in dieser Frage, so erhoben auch die Südstaaten
höchst unbillige Ansprüche. Sie verlangten anfangs eine völlige Umge—
staltung des Tarifs und fanden namentlich die preußischen Zölle auf
Baumwollenwaren unerträglich hoch, da sie selbst noch fast gar keine
Baumwollenspinnereien besaßen. Und doch konnte Preußen nicht nach-
geben. Sachsens Eintritt stand bevor, die preußische Industrie klagte laut
über die drohende Mitwerbung des Erzgebirges; in solcher Stunde die
Zölle herabzusetzen, schien selbst dem Freihändler Maassen nicht ratsam.
Auch die von Württemberg geforderte Herabsetzung der Zuckerzölle ging
nicht durch; die Interessen der mächtig aufblühenden Magdeburgischen
Rübenzuckerindustrie durften nicht preisgegeben werden. Desgleichen die
gefürchteten preußischen Transitzölle blieben noch unentbehrlich als ein
sanfter Wink für die Nachbarn. Überhaupt war die Lage des Augen-
blicks der Vereinfachung des Tarifs keineswegs günstig; Preußens Staats-
männer ahnten, daß die süddeutschen Höfe in einer nahen Zukunft die
Farbe wechseln, mit schutzzöllnerischem Eifer auf die Erhöhung der Zölle
dringen würden. Lebhafter noch als dieser staatswirtschaftliche Kampf
entbrannte der „staatsrechtliche Streit“, wie man in München zu sagen
pflegte. Die verständige Bestimmung der preußisch-hessischen Verträge,
wonach Preußen in der Regel allein die Handelsverträge für den Zoll-
verein schließen sollte, galt dem bayrischen und dem württembergischen Hofe
als eine schimpfliche Unterwerfung; sie forderten unbedingte Gleichheit in
allem und jedem.
So mannigfache sachliche Bedenken ins gleiche zu bringen, konnte
nur erprobter staatsmännischer Kraft gelingen. Die oberdeutschen Höfe
aber hatten, töricht genug, zwei junge Subalternbeamte für diese schwierige
Mission bevollmächtigt, vermutlich nur aus Sparsamkeit. Die Ersparnis
sollte ihnen teuer zu stehen kommen. Eichhorn hatte an den Unter-
händlern der Kleinstaaten schon des Wundersamen viel beobachtet; eine
Persönlichkeit wie dieser württembergische Bevollmächtigte, der Assessor
Moritz Mohl, war ihm noch nicht vorgekommen. Die Diplomatie in