Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Abschluß mit Sachsen. 375 
zu befestigen, gefährdet werden oder mindestens Aufschub erleiden würde. 
Auch mag ich mir selbst nicht verschweigen, daß eine erfolglose Verhand— 
lung in der gegenwärtigen Zeit auch hier nicht ohne einen sehr ungün— 
stigen Eindruck bleiben würde.“*) Ein solcher Mittelweg schien aber den 
besten Köpfen der preußischen Regierung kleinlich und nutzlos. Eichhorn 
bewies in einem ausführlichen Gutachten: sofortige Handelserleichterungen 
würden, nach der Lage der Dinge, nur dem preußischen Staate einseitige 
Opfer auferlegen; wolle Sachsen dagegen zu Preußen in ein ähnliches 
Verhältnis treten, wie bisher Bayern und Württemberg, so sei dazu eine 
vollständige Neugestaltung seines Zollsystems erforderlich; warum also 
nicht sogleich das höchste Ziel, den Zollverein, ins Auge fassen? Auch 
der geistvolle Beuth meinte traurig: „wäre die Zeit nicht so schlecht und 
ungünstig, so konnte man die Sache großartiger behandeln.“ Die letzten 
mündlichen Verhandlungen erfolgten im Juli, bald nachher stockte auch 
der schriftliche Verkehr. Die deutschen Kabinette begannen zu fürchten, 
daß Sachsen den Plan aufgegeben habe; der Dresdner Hof sah sich um 
die Wende des Jahres genötigt, in einer langen Denkschrift seine Handels- 
politik vor den oberdeutschen Königen zu verteidigen. 
Erst als Bayern und Württemberg ihre Zollvereinsverhandlungen 
in Berlin eröffneten, faßte man sich in Dresden wieder ein Herz. Im 
März 1832 erschien Zeschau zum zweiten Male in Berlin. Abermals 
kam man einen Schritt weit vorwärts; Sachsen erklärte sich bereit, das 
preußische System der indirekten Steuern anzunehmen. Doch über die 
Messen konnte man sich wieder nicht verständigen. Nun wirkte auch die 
Staatsweisheit Moritz Mohls lähmend auf Sachsen zurück; ohne die 
süddeutschen Höfe, die jetzt ihre Verhandlungen abbrachen, wollte das 
Dresdner Kabinett, wie begreiflich, nicht beitreten. Im Mai wurde die 
letzte Beratung gehalten; der Sommer verlief in peinlicher Verlegenheit. 
Die amtliche Leipziger Zeitung schlug bereits jenen salbungsvollen Ton 
an, der immer ein Zeichen der Ratlosigkeit ist; sie mahnte: „der Ent- 
schluß, welchen die Staatsregierung mit den Landständen ergreift, wird 
jedem Staatsbürger heilig sein.“ 
Inzwischen beging der sächsische Hof einen schweren politischen Fehler, 
der den schlimmsten Verdacht zu rechtfertigen schien. Hannover hatte am 
Bundestage wieder einmal die Ausführung des unsterblichen Art. 19 be- 
antragt — in der unverhohlenen Absicht, den Gang der preußischen 
Handelspolitik zu stören. Ohne jede Rücksprache mit Preußen, ohne auch 
nur den Bericht der Bundeskommission abzuwarten, stimmte Sachsen 
als die erste deutsche Regierung dem törichten Antrage zu und erklärte: 
Höchster Zweck des Bundes in Zollsachen ist, dasjenige durch gemein- 
schaftliche Gesetze zu erreichen, was durch Einzelverhandlungen nur schwer 
—. 
*) Prinz Friedrich August an König Friedrich Wilhelm, 11. April 1831.
	        
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