Abschluß mit Sachsen. 375
zu befestigen, gefährdet werden oder mindestens Aufschub erleiden würde.
Auch mag ich mir selbst nicht verschweigen, daß eine erfolglose Verhand—
lung in der gegenwärtigen Zeit auch hier nicht ohne einen sehr ungün—
stigen Eindruck bleiben würde.“*) Ein solcher Mittelweg schien aber den
besten Köpfen der preußischen Regierung kleinlich und nutzlos. Eichhorn
bewies in einem ausführlichen Gutachten: sofortige Handelserleichterungen
würden, nach der Lage der Dinge, nur dem preußischen Staate einseitige
Opfer auferlegen; wolle Sachsen dagegen zu Preußen in ein ähnliches
Verhältnis treten, wie bisher Bayern und Württemberg, so sei dazu eine
vollständige Neugestaltung seines Zollsystems erforderlich; warum also
nicht sogleich das höchste Ziel, den Zollverein, ins Auge fassen? Auch
der geistvolle Beuth meinte traurig: „wäre die Zeit nicht so schlecht und
ungünstig, so konnte man die Sache großartiger behandeln.“ Die letzten
mündlichen Verhandlungen erfolgten im Juli, bald nachher stockte auch
der schriftliche Verkehr. Die deutschen Kabinette begannen zu fürchten,
daß Sachsen den Plan aufgegeben habe; der Dresdner Hof sah sich um
die Wende des Jahres genötigt, in einer langen Denkschrift seine Handels-
politik vor den oberdeutschen Königen zu verteidigen.
Erst als Bayern und Württemberg ihre Zollvereinsverhandlungen
in Berlin eröffneten, faßte man sich in Dresden wieder ein Herz. Im
März 1832 erschien Zeschau zum zweiten Male in Berlin. Abermals
kam man einen Schritt weit vorwärts; Sachsen erklärte sich bereit, das
preußische System der indirekten Steuern anzunehmen. Doch über die
Messen konnte man sich wieder nicht verständigen. Nun wirkte auch die
Staatsweisheit Moritz Mohls lähmend auf Sachsen zurück; ohne die
süddeutschen Höfe, die jetzt ihre Verhandlungen abbrachen, wollte das
Dresdner Kabinett, wie begreiflich, nicht beitreten. Im Mai wurde die
letzte Beratung gehalten; der Sommer verlief in peinlicher Verlegenheit.
Die amtliche Leipziger Zeitung schlug bereits jenen salbungsvollen Ton
an, der immer ein Zeichen der Ratlosigkeit ist; sie mahnte: „der Ent-
schluß, welchen die Staatsregierung mit den Landständen ergreift, wird
jedem Staatsbürger heilig sein.“
Inzwischen beging der sächsische Hof einen schweren politischen Fehler,
der den schlimmsten Verdacht zu rechtfertigen schien. Hannover hatte am
Bundestage wieder einmal die Ausführung des unsterblichen Art. 19 be-
antragt — in der unverhohlenen Absicht, den Gang der preußischen
Handelspolitik zu stören. Ohne jede Rücksprache mit Preußen, ohne auch
nur den Bericht der Bundeskommission abzuwarten, stimmte Sachsen
als die erste deutsche Regierung dem törichten Antrage zu und erklärte:
Höchster Zweck des Bundes in Zollsachen ist, dasjenige durch gemein-
schaftliche Gesetze zu erreichen, was durch Einzelverhandlungen nur schwer
—.
*) Prinz Friedrich August an König Friedrich Wilhelm, 11. April 1831.