Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

396 IV. 6. Der Deutsche Zollverein. 
Karlsruhe senden; das würde den Argwohn der süddeutschen Kronen er- 
regen; der Karlsruher Hof täte wohl, sich zunächst mit Hofmann in 
Darmstadt, einer der kräftigsten Stützen des Vereins, vertraulich zu be- 
sprechen; alsdann können die eigentlichen Verhandlungen beginnen, aber 
nur in Berlin und nur durch hochgestellte Staatsmänner, nicht durch 
Subalterne.*) Dann ließ der König die sämtlichen den Gesandtschaften in 
den Zollvereinsstaaten zugegangenen Instruktionen dem Vertreter Badens 
vorlegen, und Frankenberg fand sie „alle in dem Geiste der Korrektheit 
und Offenheit, welcher das preußische Kabinett charakterisiert, abgefaßt". 
Endlich im Sommer 1834 kam Böckh nach Berlin. Die Konfe- 
renzen währten den Juni und Juli hindurch, sie stießen aber auf solche 
mannigfache Schwierigkeiten, daß noch bis zum Jahresschlusse zwischen 
den Kabinetten verhandelt werden mußte. Der Karlsruher Hof lebte in 
dem Wahne, der Zollverein werde um Badens willen eine bedeutende 
Herabsetzung seines Tarifes zugestehen; es währte lange, bis man von 
solcher überhebung zurückkam. Dann wieder der Streit um die Neckar- 
zölle. Noch im Dezember ließ der König den Großherzog dringend um 
einige Nachgiebigkeit bitten: „Preußen hat nur das alleinige, aber höchst 
wichtige Interesse, ein reines Verhältnis zwischen den deutschen Regierungen 
hergestellt und allen Stoff zum Hader und Streit entfernt zu sehen.“ 
Schließlich mußte man doch diese Streitfrage aus den Verhandlungen aus- 
scheiden, die Lösung auf bessere Zeiten vertagen. Die größte Schwierig- 
keit lag in der schmalen langgestreckten Gestalt des badischen Landes. 
Führte man hier die Zollvereinsgesetze in voller Strenge ein, so wurde 
fast das gesamte Staatsgebiet zum Grenzbezirke. Baden verlangte daher, 
daß an der leicht zu bewachenden Rheingrenze der Grenzbezirk nur die 
Breite einer Wegstunde haben sollte; sonst würde der größte Teil des 
Landesverkehrs den lästigen Beschränkungen der Grenzkontrolle unter- 
liegen. Sofort forderte Sachsen die gleiche Vergünstigung für seine erz- 
gebirgischen Grenzen. Erst am 12. Mai 1835 kam der Vertrag zustande. 
Baden erhielt einen schmalen Grenzbezirk, und in der zwölften Stunde 
hatte Eichhorn der widerstrebenden Finanzpartei noch ein letztes Zuge- 
ständnis entrungen: die badischen Tabaksbauer sollten eine Rückvergütung 
empfangen für die nach der Schweiz ausgeführten Tabaksblätter. Da 
die Nachversteuerung in Sachsen und Thüringen schlechte Ergebnisse ge- 
bracht hatte, so beschloß man diesmal die Kaufleute zu überraschen. Schon 
in der Nacht vom 17. zum 18. Mai wurden die neuen Zölle an den 
badischen Grenzämtern eingeführt, während das Volk von dem Berliner 
Vertrage noch kaum wußte; die Regierung versprach den Ersatz der Zah- 
lungen, falls der Landtag den Vertrag nicht billige. 
Dieser entschlossene Schritt brachte nicht nur den Zollvereinskassen 
  
*) Frankenbergs Bericht, 1. Jan. 1834.
	        
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