140 IV. 7. Das Junge Deutschland.
nach Gutdünken, die meisten sehr mild. Da und dort schritt man ein
wider einzelne Bücher der Jungdeutschen; in Preußen wurde sogar der
gesamte Verlag der Hamburger Firma Hofmann und Campe, die Heines
Schriften herausgab, einige Jahre lang verboten. Aber die Ausführung
der Verbote geschah überall sehr saumselig und unterblieb endlich ganz. Die
einzigen Schriften des Jungen Deutschlands, nach denen die Lesewelt ver-
langte, die Werke Heines und Börnes, gelangten fast unbehelligt in jeder-
manns Hände. Von einer ernsthaften Verfolgung war keine Rede; die
jungdeutschen Literaten kamen ungleich glimpflicher davon als die Heraus-
geber der unterdrückten politischen Zeitungen. Trotzdem fuhr Heine fort, den
unglücklichen Verbannten zu spielen, und verglich sich mit Dante, der auch
das salzige Brot der Fremde habe essen müssen. Nur Gutzkow mußte
etwas schwerer büßen, er wurde von dem Mannheimer Hofgerichte zu
kurzer Haft verurteilt, weil seine Wally unbestreitbar eine „verächtliche
Darstellung der christlichen Religion“ enthielt.
Wie erträglich auch diese Leiden waren, so genügten sie doch die Häupter
des Jungen Deutschlands mit dem Heiligenscheine des Martyriums zu
zieren. Wer mit dem Bundestage in Händel geriet, behielt vor der öffent-
lichen Meinung immer recht; und war es denn nicht eine tief beschämende
Erfahrung, daß sogar die schöne Literatur, die sich in Deutschland jeder-
zeit unbeschränkter Freiheit erfreut hatte, jetzt der Willkür der Polizei unter-
worfen wurde? Darum trat der Heidelberger Paulus, der Anwalt aller
Verfolgten, für Gutzkows Wally in die Schranken. An den gewundenen
Sätzen merkte man freilich, wie schwer es dem alten Rationalisten fiel, das
durchaus atheistische Buch in Schutz zu nehmen; auch andere Verteidiger
Gutzkows begnügten sich mit der schmeichelhaften Behauptung, dieser Roman
könne niemand verführen. Die Mehrzahl der Verfolgten selbst zeigte den
Regierungen gegenüber wenig Heldenmut. Soeben hatten sie sich noch
prahlerisch vermessen, die bürgerliche Gesellschaft aus ihren Angeln zuheben;
jetzt beteuerten sie demütig, wie harmlos ihre Gesinnung, wie gering ihr
Wirkungskreis gewesen sei. Heine richtete an den Bund ein Schreiben, das
er selbst vor Freunden einen „indlich siruplich submissen Brief“ nannte;
darin berief er sich „auf das Beispiel des Meisters, des hochteueren
Mannes Martin Luther“, und versicherte „in tiefster Ehrfurcht“, er werde
immer den Gesetzen seines Vaterlandes gehorchen. Der Bundestag aber
kannte seinen Mann und legte die Eingabe als ungeeignet zu den Akten.)
Auch an Metternich sendete Heine — mit dem gleichen Erfolge — die
untertänige Bitte, das siegreiche Osterreich möge großmütig sein und
ihn aus seinem Elend ziehen.“)
Zaghaft vor den Behörden, ergossen die Jungdeutschen ihren ganzen
Zorn über Menzels Haupt. Er allein sollte schuld sein an der Ver-
*) Schölers Bericht, 24. Mai 1836.
**) Maltzahns Bericht, 1. Juli 1836.