Verstimmung der deutschen Protestanten. 123
der in der Taufe den Namen Alexander angenommen hatte und sein
schwieriges Amt sehr würdig ausfüllte. Die Weihepredigt feierte den
Bischofsitz auf Zion als die Erstlingsfrucht der Union aller Evangelischen.
So schenkte Preußen dem neuen anglikanischen Bistum außer der Hälfte
der Unterhaltungskosten auch die Person des Bischofs. Bunsen schwamm
in Wonne; er glaubte wieder einmal einen großen diplomatischen Sieg
errungen zu haben, da er die Briten zur Annahme der preußischen Ge—
schenke bewogen hatte, und vernahm mit Entzücken, wie sein gottseliger
Freund Lord Ashley Preußens christlichen Monarchen als „den besten
und herrlichsten König dieser Welt“ pries. Nicht ohne Schadenfreude
bemerkte er, daß die anderen Großmächte allesamt das evangelische Bis-
tum mit scheelen Augen betrachteten.) Rußland und Frankreich bewarben
sich seit dem Dardanellen-Vertrage wieder wetteifernd um Englands Gunst
und konnten nicht wünschen, durch Preußen überboten zu werden, während
Metternich von der Freundschaft der beiden protestantischen Großmächte
unbestimmte Gefahren für die katholische Kirche befürchtete, und sein ge-
treuer Neumann in London ängstlich sagte: Bunsen soll hier einen neuen
schmalkaldischen Bund gründen.
Aber auch die deutschen Protestanten zeigten sich mißtrauisch. Ganz
vergeblich versuchten General Gerlach in der Augsburger Allgemeinen Zei-
tung, Hengstenberg in seiner Kirchenzeitung das Werk ihres königlichen
Gönners zu rechtfertigen.*) Geradezu abschreckend wirkte das weihevolle
Büchlein über „das evangelische Bistum in Jerusalem“, das von Bunsen
gemeinsam mit einem anderen theologischen Diplomaten, dem jungen
Abeken ausgearbeitet war und über die unermeßliche Zukunft des christia-
nisierten Palästinas mit einer Sicherheit redete, als ob die Weltgeschichte
verpflichtet wäre, ihre Schauplätze niemals zu verändern. Die liberale
Welt wollte sich zu kirchlichen Unternehmungen überhaupt kein Herz fassen:
sie lächelte über die Berliner „diplomatische Romantik“ und fragte spöttisch,
warum nur dieser König, der seine preußischen Juden so wenig liebe, für
das Volk Gottes in der Urheimat so zärtlich sorge. Aber auch „sehr gut
gesinnte Männer“ in Preußen und in Süddeutschland fanden, wie General
Thile berichtete, die Unterordnung deutscher Gemeinden unter einen angli-
kanischen Bischof höchst anstößig; das längst verbreitete Gerücht von den
katholischen Neigungen des Königs schien jetzt seine volle Bestätigung zu
empfangen. Als Bischof Alexander den ersten Jahrestag seines Einzugs
in Jerusalem durch eine Danksagung feiern wollte und der König die
Gemeinden seiner Landeskirche „in aller Freiheit“ zur Mitwirkung auffor-
dern ließ, da zeigte sich nur an wenigen Orten aufrichtige Teilnahme)
*) Bunsens Bericht, 6. Jan. 1842 ff.
**) Thiles Bericht an den König, 14. Dez. 1841.
*'#) Thiles Bericht an den König, 14. Aug. 1842. Kabinettsordre an Thile und
Eichhorn, 9. Jan. 1843.