Westfälische Landgemeindeordnung. Schön und Rochow. 159
weis beizubringen, vor dem Könige als einen gemeinschädlichen Staats—
diener. In den Berliner Regierungskreisen äußerte man schon: wenn
Rochow nur einen Funken von Klugheit besäße, so müßte er diesen
Gegner fordern.)) Beide Feinde zeigten sich gleich herrschsüchtig, beide
gleich wenig wählerisch in den Mitteln: während Schöns liberale Gefolg-
schaft den Minister in den Blättern der Opposition schmähte, ließ Rochow,
wie die Ostpreußen bald erfuhren?*), in seinem Bureau gehässige Artikel
gegen den Oberpräsidenten schmieden und wußte manche davon sogar in
der Augsburger und der Leipziger Allgemeinen Zeitung unterzubringen.
Trotz dieses offenkundigen Skandales wünschte der beiden Gegnern
gleich wohlgeneigte Monarch, beide im Amte zu halten; denn im stolzen
Gefühle seiner Selbstherrlichkeit legte er auf die Streitigkeiten seiner Diener
gar keinen Wert. Auch glaubte er keineswegs, daß eine grundsätzliche
Feindschaft die beiden trennte. Hatte er doch als Kronprinz jahrelang mit
beiden friedlich in der landständischen Kommission zusammen gearbeitet und
von Rochow soeben noch Ratschläge für die Fortbildung der Ständeverfas-
sung empfangen. Zwischen dem Könige und seinem alten ostpreußischen
Freunde hatte sich nach und nach ein gefährliches gegenseitiges Mißverständ-
nis gebildet, wie es nur zwischen so seltsamen Charakteren entstehen konnte.
Da Schön alle, die nicht seines Sinnes waren, als „Männer der finsteren
Zeit“ tief verachtete, so glaubte er wirklich, sein geliebter König würde nur
durch die reaktionären Hofleute verhindert, die konstitutionellen Pläne aus-
zuführen, die er doch in solcher Weise gar nicht hegte. Friedrich Wilhelm
seinerseits wähnte, „der Schön“ lasse sich nur zuweilen „durch seinen jüdi-
schen Freundepöbel“ zu liberalen Außerungen verleiten, die in Wahrheit die
Herzensgesinnung des Kantianers wiedergaben. Wieder und wieder sendete
er dem Freunde herzliche Briefe und mahnte ihn zur Versöhnlichkeit: das
Minimissimum, das ich zu fordern berechtigt bin, ist eine Explikation mit
Rochow, den Sie ungerecht beschuldigt haben; Ihnen fehlt die Liebe, die
auch mit Gegnern für das Ganze zusammenwirkt. “) Gewandt eingehend
auf diese ihm sonst wenig geläufige biblische Sprache erwiderte Schön:
der Spruch „Und hätte ich die Liebe nicht“ stehe mit Flammenschrift in
seinem Herzen. Dem Minister aber wollte er seine Hand nicht bieten.
Vergeblich hielt ihm sein Landsmann Boyen in einem gemütlichen Schreiben
vor: die Versöhnung mit Rochow sei zugleich die Versöhnung mit dem
Monarchen, vergeblich versuchte des Königs vertrauter Adjutant, Oberst
Below, einer der ersten Grundherren der Provinz, im Verein mit einigen
anderen ostpreußischen Edelleuten den Erzürnten zu überreden.##)
*) Nach Kühnes Aufzeichnungen.
7*) Brünneck an Thile, 7. März; Oberst v. Below an den König, 7. April 1841.
***) König Friedrich Wilhelm an Schön, 23. Febr. 1841.
f) Boyen an Schön, 25. Aoril. Belows Bericht an den König, 24. März 1841.