Schluß des Ausschußtages. 187
sentanten des Windes der Meinung und der Tageslehren“. Mit Ver—
wunderung folgten die Stände dieser dunklen Rede: glaubte der König
wirklich, daß irgend ein Mann sich im politischen Leben dem Winde der
Meinung ganz entziehen könne? oder wollte er nur den liberalen Tages—
lehren Fehde ansagen? Verdrießlich und enttäuscht ging man ausein—
ander. Die vertrauensvolle Stimmung der rheinischen Festtage war ver—
schwunden, und sie kehrte nicht wieder. Das Beckersche Rheinlied ver—
scholl in Deutschland bald gänzlich und tauchte erst nach langen Jahren
in Belgien wieder auf, wo die Vlamen drohend den Franzosen zusangen:
zy zullen hem niet temmen, den fieren vlaamschen Leeuw! —
Noch während die Ausschüsse tagten, eröffnete der König neue Ver—
handlungen über die Fortbildung der ständischen Institutionen. In einer
Sitzung des Ministerrats, am 8. Nov. entwickelte er den Verfassungsplan,
den er fortan mit stiller Zähigkeit festhielt, aber erst nach vollen vier
Jahren ausführte. Er erkannte das Staatsschuldengesetz von 1820 als
verbindlich an, und da er den „für Preußen unmöglichen konstitutionellen
Weg nie zu betreten“ entschlossen war, so dachte er der Regel nach mit
den Provinzialständen und ihrem Zentralorgane, den Vereinigten Aus—
schüssen auszukommen. Würde aber in Friedenszeiten eine Anleihe oder
die Erhöhung direkter Steuern unvermeidlich, dann wollte er die sämt—
lichen Provinziallandtage als Vereinigten Landtag zusammenberufen —
am besten wohl in eine harmlose Provinzialstadt, etwa nach Brandenburg;
denn sein Lehrer Ancillon, der einst die Anfänge der französischen National—
versammlung als Augenzeuge mit erlebt, hatte ihm oft beweglich vorge—
stellt, wie tief die Drohungen eines hauptstädtischen Pöbels ein Parla—
ment entwürdigen könnten. Diesem Vereinigten Landtage beabsichtigte er
in solchen Notfällen das Recht der Steuerbewilligung einzuräumen. Er
ging also hochherzig sehr weit über die Versprechungen seines Vaters hinaus.
Sein Billigkeitsgefühl sträubte sich dawider, von einem Landtage, der keine
Abgaben zu bewilligen hatte, die Bürgschaft für eine Anleihe zu verlangen;
auch wußte er wohl, daß die Steuerbewilligung allezeit ein gutes Recht
der alten deutschen Stände gewesen war. Während er dergestalt mit der
einen Hand den Reichsständen neue Rechte schenkte, nahm er leider mit der
anderen mehrere Verheißungen des alten Königs zurück. Er fürchtete den
bei der günstigen Lage des Staatsschatzes höchst unwahrscheinlichen Fall,
daß schon während der geheimen diplomatischen Vorbereitung für einen Krieg
eine Anleihe nötig würde, und den fast undenkbaren Fall, daß seine Preußen
ihm gar während des Krieges eine Anleihe verweigern könnten; darum dachte
er den Ständen die Bürgschaft für Kriegsanleihen zu versagen. Ferner
wollte er die Versammlung des Vereinigten Landtags ganz in seiner
Hand behalten und sich zu keiner periodischen Berufung verpflichten, ob—
gleich die Reichsstände auf Grund des Staatsschuldengesetzes alljährlich
Rechenschaft von der Schuldenverwaltung verlangen durften. Auch dies