Unterdrückung der Oppositionspresse. 207
gründen äußerten sich die Richter mit einer Unerschrockenheit, wie sie dem
alten Ruhme dieses Tribunals entsprach; sie erklärten, mit der Ehrfurcht
vor dem Könige sei freimütiger Tadel der bestehenden Einrichtungen wohl
vereinbar, und sagten geradezu, einem Schriftsteller dürfe man nicht ver—
wehren, die Zensur die schlimmste Feindin der Presse zu nennen. Eine
Abschrift dieser Urteilsgründe wurde dem Freigesprochenen, gemäß den
Grundsätzen des geheimen Gerichtsverfahrens, nicht mitgeteilt, weil man
voraus wußte, daß er alles sofort veröffentlichen würde. Auch der König
verweigerte, trotz der dringenden Bitte Jacobys, die Erlaubnis dazu; ihm
war diese Freisprechung rein unbegreiflich.
Um so nötiger schien ihm also ein kräftiges Einschreiten der Ver-
waltung. In den nämlichen Tagen wurden Ruges Deutsche Jahrbücher
unterdrückt — fast gleichzeitig in Sachsen und in Preußen, nachher auch
noch durch den Bundestag — weil sie den Liberalismus in Demokratis-
mus auflösen, durch Herstellung des absoluten Staates zur Freiheit ge-
langen wollten. Nach einer stürmischen Verhandlung genehmigte der säch-
sische Landtag dies Verbot. Gleich darauf erhielt die Rheinische Zeitung
den Befehl, daß sie vom 1. April an nicht mehr erscheinen dürfe, wegen
ihrer Zügellosigkeit in Gesinnung und Ausdruck, ihrer subversiven Richtung
gegen Staat und Kirche. Sie unterwarf sich mit den bitteren Worten: „das
Unrecht, die falsche Basis der Rheinischen Zeitung war die Begeisterung für
das junge Licht, welches nach langem Dunkel die Gipfel der Berge zu röten
begann; aber es war nur das prophetische Leuchten, nicht die Morgen-
röte eines neuen Tages für Deutschland.“ Im Februar 1843 wurde
dann auch noch die den Bildern gewährte Zensurfreiheit zurückgenommen.
Das Jahr der bedingten Preßfreiheit ging zu Ende, die einflußreichsten
Organe des norddeutschen Liberalismus waren allesamt verstummt. Mit
tiefem Unwillen nahm die Nation diese Verbote auf. An die unver-
brüchliche Stille des alten Regiments hatte man sich schließlich gewöhnt;
diese neue Regierung aber forderte das Volk beständig zu freimütigem,
lautem Reden auf und verbot doch alles, was ihr nicht zusagte. Wer
konnte das begreifen? Dazu der unausstehliche schulmeisternde Ton dieser
Verbote, die den unterdrückten Zeitungen salbungsvoll ihr Sündenregister
vorhielten!
Und was am schlimmsten wirkte, der König selbst konnte es nicht
lassen, in jede Kleinigkeit des Zeitungstreibens belehrend einzugreifen.
Es zeigte sich bald: die dicke Haut, die zum Ertragen der Freiheit gehört,
war diesem feinen reizbaren Geiste ganz versagt. Immer wieder beklagte
er sich gegen seine Minister über die Königsberger Schandzeitung und ihre
Hurenschwester am Rhein. Als ein ostpreußischer Gutsbesitzer Deutsch sich
in Sachen des Elbinger Anzeigers beschwerte, da hielt ihm der Monarch
in einem eigenhändigen Schreiben seine „schweren Irrtümer“ vor: „Gegen
Trugbilder zu Felde zu ziehen, welche von einer Partei mißbraucht werden,