Erste Sendung des Grafen Brühl. 279
Nach der Rückkehr Dunins erwartete alle Welt auch die Wieder—
einsetzung Droste-Vischerings, niemand zuversichtlicher als der greise Erz-
bischof selbst. Der beteuerte, als ihm Minister Rochow einen abschlägigen
Bescheid gab, in seinem fürchterlichen Deutsch kurzab: dies nimmt mir
meine Hoffnung nicht, „da sie auf die erhabene Gesinnung Sr. Majestät
ruht“; er schaffte sich schon Wagen und Pferde an, um triumphierend in
seiner Metropole einzuziehen.) Seine Anhänger am Rhein überschüt-
teten den Monarchen mit rührsamen Bittschriften, und nicht alle waren
so tapfer wie die Erzeugerin des berühmten Kölnischen Wassers, die Kloster-
frau Martin, die sich unbedenklich auf ihren Guttäter, den seligen König
berief: manche versicherten treuherzig, sie würden „aus Furcht vor den
Gegnern“ ihre Unterschrift erst später beifügen.) Friedrich Wilhelm
aber beurteilte auch diese politische Machtfrage gemütlich, nicht als
Staatsmann, sondern als guter Sohn. Dunin war durch gerichtlichen
Spruch verurteilt und konnte also ohne weiteres begnadigt werden.
Droste hingegen hatte den ganzen Streit begonnen und dann ohne Urteil
und Recht, auf unmittelbaren Befehl des verstorbenen Monarchen sein
Bistum verlassen müssen. Diesen Befehl des Vaters zurückzunehmen,
erschien dem neuen Könige wie eine Verletzung der kindlichen Pietät, und
da auch seine Minister allesamt den Polen unverdientermaßen milder
beurteilten als den Westfalen, so mußte Brühl von vornherein erklären:
nun und nimmermehr dürfte Droste zurückkehren, nur unter dieser Be-
dingung sei Dunin begnadigt worden. Zum Glück stimmte Friedrich
Wilhelms Gemütspolitik nahezu überein mit den nüchternen Berechnungen
des Vatikans. Klüger als die preußische Regierung hatten die Kardinäle
in dem Kölnischen Fanatiker von vornherein einen unbequemen deutschen
Trotzkopf gesehen; nun war er durch sein Martyrium der Kirche nützlich
geworden, und nur als Märtyrer vermochte er ihr auch fernerhin zu nützen.
Gebrauchen konnte man ihn sonst nicht mehr, denn in den drei Jahren
seines Exils hatten sich die Grobheit und der zänkische Eigensinn des
kränkelnden Prälaten bis zum Unerträglichen gesteigert. Daher war
man im stillen schon längst entschlossen, beim Friedensschlusse den getreuen
Westfalen als Sündenbock mit vatikanischer Gemütsruhe abzuschlachten.
Vorher aber mußte die Staatsgewalt noch einmal gründlich gedemütigt
werden.
Als Graf Brühl am 20. August die Unterhandlungen begann, da
empfing ihn der Kardinal-Staatssekretär nicht feindselig, aber mit dem
Hochmute des Siegers. Lambruschini donnerte in ungestümen Zornreden,
die dem Preußen zuweilen theatralisch klangen, wider das staatstreue
Kölnische Domkapitel, wider die Hermesianer, am heftigsten wider Bunsen;
*) Rochow an Lottum, 6. Aug.; Droste-Vischering an Vincke, 14. Aug. 1840.
*7) Eingaben an den König von Düsseldorfer Bürgern, 30. Jan.; von der Kloster-
frau Martin, 17. Nov. 1841 usw.