Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Brühls zweite Sendung. 283 
entschlossen, dies Unternehmen, das er allein begonnen, auch allein zu 
vollenden. 
Aber auch die Gegner rüsteten sich. Bischof Laurens und die Jesuiten 
boten alles auf, um die Versöhnung zu hintertreiben; aus Wien kam 
Jarcke, aus München Guido Görres herbei.5) Sehr rührig arbeitete 
auch Frau v. Kimsky gegen Preußen, jene Somnambüle, welche einst den 
greisen Hardenberg mit ihren Gauklerkünsten betört und nachher, über- 
sättigt von den Freuden dieser Welt, sich in den Schoß der römischen 
Kirche geflüchtet hatte. Papst Gregor hielt dieses Weib alles Ernstes für 
eine fromme Heilige; freilich hatte der alte Kamaldulensermönch wohl 
nur wenig Gelegenheit gehabt, ehrbare Frauen kennen zu lernen. So 
tummelten sich denn wieder zahllose Ränke in dem berühmten „Lügen- 
stübchen“ des Vatikans, das die freien Geister des Cinquecento schon ver- 
spottet hatten; der Papst zauderte und schwankte, und der milde Capaccini 
sagte oft verzweifelnd zu Brühl: wer mag ihn jetzt wieder aufgestiftet 
haben? Was der österreichische Gesandte Graf Lützow insgeheim trieb, ließ 
sich nicht erkennen; doch schwerlich wirkte der bigotte Konvertit zu Preußens 
Gunsten. Aus der Ferne arbeitete auch des Königs Stieftante, Herzogin 
Julia von Köthen mitsamt ihrer Jesuitenschar gegen ihren Neffen. 
Unterdessen erhoben auch die Provinzialstände von Rheinland und West- 
falen ihre Stimme, sicherlich nicht ohne die geheime Mitwirkung der 
Freunde in Rom. In beiden Landtagen kam der Antrag auf Drostes 
Wiedereinsetzung zwar schließlich zu Falle; in Münster erklärten sich nur 
die sämtlichen Ritter und ein Bauer dafür, alle Fürsten und Herren, 
alle Vertreter der Städte und der Landgemeinden, mit Ausnahme jenes 
einen, stimmten dagegen. Aber wie frech erklang schon die Sprache der 
erstarkten ultramontanen Partei. Graf Westphalen sagte im Münsterschen 
Landtage: „meine Mitstände beschwöre ich es auch nicht einmal stillschweigend 
gutheißen zu wollen, als bedürfe es nur einer seidenen Schnur zur mora- 
lischen Selbsttötung eines dem Gouvernement mißfälligen Bürgers;“ und 
als seine königstreuen Landsleute sich wider diesen jakobinischen Ton 
verwahrten, da versicherte er dreist, mit der seidenen Schnur hätte er 
den verstorbenen König nicht beleidigen wollen. Bald nachher verließ 
er den preußischen Staat, da es ihm nicht gelang, sich vor der Krone zu 
rechtfertigen. 
Unter so bedenklichen Anzeichen begann Graf Brühl seine zweite 
Verhandlung, die sich durch fünftehalb Monate, bis in den Mai 1841 
hinzog. Indes hatten ihm die großen freiwilligen Gewährungen des 
Königs seinen Weg doch etwas geebnet. Die Kardinäle selbst gestanden 
jetzt, der starrköpfige alte Erzbischof, dem seine eigene bigotte Familie 
kaum mehr zu nahen wagte, könne in Köln nur Unheil stiften. Da fragte 
  
*) Major v. Moliere, Adjutant des Prinzen Heinrich, an Brühl, 18. Mai 1841.
	        
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