290 V. 4. Die Parteiung in der Kirche.
kein Fanatiker, sondern weich, gutmütig, bestimmbar, also leicht zugänglich
den Einflüsterungen jenes geheimnisvollen geistlichen Hofgesindes, das man
im katholischen Deutschland den Küchen-Klerus zu nennen pflegt. Der
alte König kannte den Mann, wohl aus Bodelschwinghs Berichten, und
ließ ihn bei der Bischofswahl von 1839 als minder genehm bezeichnen.
Dennoch wurde Arnoldi gewählt, den Bestimmungen des Breves von 1821
offenbar zuwider, und die Krone versagte von Rechts wegen ihre Geneh—
migung.*?) Der Papst aber war damals noch von wildem Hasse gegen
Preußen erfüllt und behauptete, ohne sich auf Gründe einzulassen: die
Wahl sei kanonisch. Nach dem Thronwechsel konnte der Handel bei gutem
Willen sofort geschlichtet werden; denn Arnoldi, der wenig Ehrgeiz hegte,
hatte schon am 1. Juni 1840 in aller Stille die Erklärung nach Rom
gesandt: er wolle um des Friedens willen verzichten, falls der Papst es
erlaube. Diese Erklärung wurde in Rom streng geheim gehalten, Brühl
erfuhr keine Silbe davon; erst weit später merkte er, daß der Vatikan
„ein Tauschgeschäft treiben wollte“ und die Triersche Frage absichtlich
offen ließ, um in Köln desto sicherer seinen Willen durchzusetzen. *) Hart-
näckig weigerte sich der Papst eine Neuwahl anzuordnen; er hatte sogar
die Stirn zu behaupten, jenes zwischen der Krone und der Kurie verein-
barte Breve enthalte keine bindenden Vorschriften.)
Da wich der König zurück. Er forderte jetzt nur noch eine ordnungs-
mäßige Neuwahlj; dabei wollte er dem Kapitel unbeschränkte Wahlfreiheit
lassen und selbst Arnoldi nicht ausschließen; über den hatte er mittler-
weile günstige Urteile gehört und meinte wieder klüger zu sein als sein
Vorgänger. Der Ehrfurcht gegen seinen Vater glaubte er zu genügen, wenn
er noch an einer wertlosen, fast lächerlichen Förmlichkeit festhielt. Eichhorn,
der von dem ersten Verzichte auch nichts wußte, schrieb nunmehr freund-
lich mahnend an den Trierschen Domherrn, worauf Arnoldi als guter
Patriot im Januar 1841 eine zweite Verzichtserklärung — immer unter
Vorbehalt der päpstlichen Genehmigung — nach Rom schickte.) Auch
jetzt noch blieb der Papst unbeugsam, Brühl konnte in dieser Sache gar
nichts erlangen. Erst im Februar 1842 genehmigte Gregor den Ver-
zicht, aber ohne die frühere Wahl für nichtig zu erklären. Damit war der
Form notdürftig genügt, und alsbald erlaubte der König dem Domkapitel,
für die Neuwahl eine Kandidatenliste einzureichen. Also ganz ohne Not
ein neues Zugeständnis, weit über die Landesgesetze hinaus! Wie viel
Arbeit hatte einst Niebuhr aufwenden müssen, um die gefährlichen Listen-
wahlen dem preußischen Staate fern zu halten und der Krone das Recht
der unbedingten Exklusive zu sichern; darum polterte auch Lambruschini,
*) Denkschrift von Bülow und Eichhorn an den König, 12. März 1842.
**) Brühls Bericht, 15. März 1841.
*#) S. o. III. 205 f.
I) Arnoldi an Eichhorn, 19. Jan.; Brühls Bericht, 26. Febr. 1841.