Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

312 V. 4. Die Parteiung in der Kirche. 
Prälat aus der alten Schule, veranstaltete eine würdige Feier, freilich ohne 
Seelenmesse, und gestand dem Monarchen ehrlich: als treuer Untertan 
habe er nicht weniger tun können, aber auch nicht mehr, aus Rücksicht 
auf seinen Erzbischof; dann beteuerte er seine „Überzeugung, daß die- 
jenigen, die den konservativen Prinzipien in der Religion und im Leben 
mit Vernunft ergeben sind, Liebe, nicht Haß zu predigen und zu üben 
haben.“) 
Der König dankte dem Getreuen durch ein sogleich veröffentlichtes 
Belobungsschreiben; er wußte sicherlich nicht, daß sein eigener Minister den 
schmählichen Auftritt in München mit veranlaßt hatte, und erst weit später 
ward ihm kund, wie der heilige Vater selbst darüber dachte. Dem alten Ka- 
maldulensermönche hatte die Verhöhnung der protestantischen Königin eine 
rechte Herzensfreude bereitet. In solcher Stimmung richtete Gregor an den 
Augsburger Ketzerfreund ein strenges, doch nicht ganz ungnädiges Breve; er 
tadelte ihn, weil er sich nicht gescheut hätte, die Tote sogar den frommen 
Bitten der Gläubigen zu empfehlen, und schloß mit der väterlichen Mah- 
nung: der Bischof möge sein Unrecht sühnen, seine treuen Schafe beschützen 
„gegen den eitlen Trug jener Ohrenschmeichler, welche lügnerisch aus- 
breiten, ein dem katholischen Glauben und der katholischen Kirche fremder 
Mensch könne, wenn auch so gestorben, zum ewigen Leben gelangen.“ Um 
auch für die Zukunft vorzubauen, sendete der Papst bald nachher ein zweites 
Breve an den Propst des Benediktinerklosters Scheyern, das der König so- 
eben wiederhergestellt hatte; da hieß es: der heilige Stuhl könne diese 
Klosterstiftung nur dann bestätigen, wenn die vom Stifter ausbedungenen 
Trauerfeiern für das königliche Haus ausschließlich auf die Sterbetage der 
katholischen Wittelsbacher beschränkt würden.) So wagte die Kurie schon 
dem Fürstengeschlechte zu begegnen, das ihr unter allen in Deutschland 
stets die größte Hingebung gezeigt hatte. König Ludwig empfand diese 
Kränkungen sehr tief, obgleich er seine Stiefmutter nie geliebt hatte. Die 
ihm näher standen, merkten bald, daß er fortan seinen Minister mit stillem 
Argwohn betrachtete. 
Für jetzt konnte er freilich den kräftigen Diener nicht entbehren, der 
ihm so viele Erübrigungen für seine Bauten verschaffte und die Landstände 
so scharf im Zaum hielt. Im Auslande fragte man wohl spottend, warum 
doch der Segen der Überschüsse, den man sich in anderen Ländern sehn- 
lich wünschte, dem Münchener Landtage so viel Kummer bereitete. Die 
Bayern hatten jedoch guten Grund zur Klage; denn ihre Erübrigungen, 
die man für die letzten Jahre bis 1841 auf 29 Mill. Gulden schältzte, 
wurden nur ermöglicht durch die Verwahrlosung wichtiger Verwaltungs- 
  
*) Bischof Richarz an König Ludwig, 24. Nov. 1841. 
*7*) Gregor XVI., Breven an Bischof Peter von Augsburg, 13. Febr., an Propst 
Rupert von Scheyern, 9. Juli 1842.
	        
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