544 V. 7. Polen und Schleswigholstein.
hatten. Die Behörden verfuhren überall wachsam, fest und ohne unnütze
Härte, so daß der König nachher dem Oberpräsidenten Beurmann wohl—
verdienten Dank aussprach*), die Truppen blieben unverbrüchlich treu, bis
auf eine Handvoll Leutnants und Unteroffiziere. Eine schon im Januar
eingesetzte Untersuchungskommission ließ zahlreiche Verhaftungen vor—
nehmen, und nachdem der Belagerungszustand verkündet war, schien die
Provinz sich schnell zu beruhigen. Dem leichten, fast unblutigen Siege
entsprangen aber sofort neue Gefahren. Die Verschwörung war sehr weit
verbreitet, der Demokratische Verein zählte mindestens 3000 Mitglieder,
dazu in der Provinz noch eine Menge halbeingeweihter Genossen, und da
die Verräter die Schärfe der preußischen Waffen nicht ernstlich gefühlt
hatten, so glomm das Feuer unter der Asche fort. Auch im russischen
Polen wurden nur einige kleine Aufstandsversuche gewagt und alsbald
grausam niedergeschlagen.
Weit gewaltsamer verlief der Aufruhr in Galizien. Am 18. Febr.
rückte General Collin mit 1000 Mann Osterreichern in Krakau ein, weil
die republikanischen Behörden selbst erklärt hatten, sie vermöchten sich nicht
zu verteidigen. Als der Aufruhr drei Tage später wirklich ausbrach, da
verlor der kaiserliche General die Besinnung und räumte die Stadt, die
er mit einigem Mute wohl halten konnte; mit ihm flohen auch die recht-
mäßige Regierung und die Residenten der drei Schutzmächte. Die elende
Republil gab sich selber auf, in ihrem Gebiete schaltete einige Tage lang
der Diktator Tyssowski mit seinen Banden. Der Diktator verkündete sofort
allen Polen in einem Manifeste: die Stunde der Empörung hat geschlagen,
und forderte alle auf, der nationalen Regierung der polnischen Republik
unbedingten Gehorsam zu schwören. Krakau sollte den Mittelpunkt des
wiederauferstehenden Polenreichs bilden. Da kamen die österreichischen
Truppen nochmals heran, diesmal in größerer Anzahl und verstärkt durch
Bauernscharen; bald wurden die Aufständischen geworfen. Oberst Benedek,
der Falke von der Weichsel legte in diesen Gefechten den Grund für seinen
militärischen Ruhm. Am 3. März war die Stadt wieder in den Händen
der Österreicher; alsbald ließen auch die beiden anderen Schutzmächte
Truppen einrücken, die letzten Flüchtlinge der aufständischen Scharen er-
gaben sich den Preußen, eine von den drei Residenten beaufsichtigte Re-
gierung stellte die Ordnung her. In den benachbarten Strichen Galiziens
tobte unterdessen ein gräßlicher Bauernkrieg. Hier hatten sich die Agenten
der polnischen Revolution selber die Rute gebunden. Nicht umsonst war
den Bauern seit Jahren das Traumbild kommunistischer Glückseligkeit vor-
gespiegelt worden. Jetzt kochte die Wut der mißhandelten Fröner auf,
sie ergoß sich aber nicht gegen die kaiserlichen Behörden, die der Bauer
wenig kannte, sondern gegen die nächsten Bedrücker, die Grundherren und
*) Kabinettsordre an Beurmann, 8. Okt. 1846.