Landesversammlung wieder Besitz genommen. Hin und
wieder wetterleuchtet aber doch das große Geschehen da
draußen herein. Man spricht von der notwendigen Erhöhung
der Bezüge unserer Unfall- und Altersrentner, wofür alle
Parteien eintreten, aber man weiß und erwähnt es auch,
daß die Beschlüsse sich in eitel Dunst auflösen können: werden
die Bersailler Friedenebedingungen angenommen, dann hat
der Feind seine Forderungen in erster Reihe auf unseren
gesamten Besitz hypothetarisch eingetragen, und alle sonstigen
Reichszahlungen, auch die Renten, fallen überhaupt aus.
Dieses Verhängnie schwebt über jeder Bewilligung des
Hauses. Es werden auf Antrag des Bevölkerungsausschusses
neue Einrichtungen für Körper- und Gesundbeitspflege in
den Gemeinden, neue Professuren für soziale Hygiene und
allgemeine Therapie verlangt: aber wenn wir den Erzberger-
Scheidemann--Frieden bekommen, so werden die Gemeinden
mit Mühe und Not allenfalls ihre Feuerwehr aufrechterhalten
und die Universitäten Professuren nicht neu errichten, sondern
nur eingehen lassen können. Man tut aber noch so, als seien
unsere Mittel unerschöpflich. Die neue Mehrheit hat nur eine
einzige Angst: durch Aichtbewilligung einer Forderung un-
populär zu werden.
Zwei sozialdemokratische Minister greifen wiederholt in die
Oebatte ein. Der eine von ihnen ist Wolfgang Heine, der
jüngst die Justiz mit dem Inneren vertauscht hat, obwohl ein
anderer nach dem Amte angelte, — Fischbeck, der freisinnige
Schüler Eugen Richters, einst „der kleine Eugen“ genannt,
wäre so gern Minister des Inneren geworden, um, wie schon
neulich hier von ihm erzählt wurde, einmal „mit den preußi-
schen Landräten Schlitten zu fahren“. Auch Heine hätte
sicherlich die Energie dazu, und er ernennt ja bereits fort-
gesetzt allerlei merkwürdige Zeitgenossen zu Landräten.
Aber Heine ist mehr Politiker als Fischbeck, weniger Bezirks-
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