alte schwarz-weiß-rote mit einer schwarz-rot-gelben oberen
Ecke. Ein Wechselbalg ist hineingekommen.
Der Flaggenparagraph in der Verfassung ist der einzige,
der die Leidenschaften heute noch einmal aufpeitscht und bie
in späte Stunden hinein die Geister widereinander erregt.
Was ihm vorangeht, das gibt nur zu mehr oder weniger
akademischen Erörterungen Veranlassung. Ee spricht für die
Kleinbürgerlichkeit und-Zdeenarmut unserer ganzen Ver-
fassungsmacherei, wenn der Berichterstatter, der demokra-
tische Abgeordnete Haußmann, nichts Besseres zum Ruhme
des Verfassungsaueschusses zu sagen weiß, als daß seine An-
träge 393 Drucksachen füllten, daß er weit mehr als 500 Ab-
stimmungen binter sich habe und daß der Bericht über die
erste Lesung im Ausschuß 648 Seiten stark sei. Diese Zahlen
sprächen doch höchstens dafür, daß Kärrnerarbeit geleistet
worden ist, mühseliges und langwieriges Schuttabladen, um
das ungeheure Loch, das an Stelle des versunkenen Deutschen
Reiches klafft, notdürftig zu füllen. Alles Geniale tritt doch
ganz anders, tritt mit eruptiver Plötzlichkeit ins Dasein. Die
deutsche Reichsverfassung, unter der wir groß geworden sind,
entsprang Biemarckeo schöpferischem Geist, wie Pallas Athene
dem Haupte des Zeus. In vierundzwanzig Stunden hat
dann Lothar Bucher sie in Paragraphen gefaßt, und weiter
gab es so gut wie nichts daran zu feilen. Sie hat fast zwei
Menschenalter hindurch, Menschenalter des gewaltigsten Auf-
schwunges aller Klassen des deutschen Volkes, sich bewährt.
Oie jetzige schwarz-rot-goldene Verfassung wird kaum ein
so langes Leben haben; und ihre Sinnlosigkeit wird schon in
wenigen Monaten uns allen klar sein.
So enthält sie einen Artikel, der von der Wehrpflicht han-
delt; und doch hat die Nationalversammlung durch Annahme
des Scheidemann-Erzberger-Friedens auf die Wehrpflicht der
Deutschen verzichtet. So enthält sie ferner die Bestimmung,
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