Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

drängen darf. Es gibt natürlich Ausnahmefälle, wo es einem 
als Grausamkeit gegen die ledige Mutter erscheint, sie zu 
brandmarken. Oie grundsätzliche Verleihung des Titels Frau 
an alle Mütter aber, die mit Hilfe einiger Demokraten zum 
Mehrheitsbeschluß geworden ist, bedeutet doch ein Nieder- 
reißen schützender Schranken um die Ebe selbst, wenn so auch 
die gesellschaftlichen Unbequemlichkeiten der unehelichen 
Mutterschaft aus dem Wege geräumt werden. OHas zweite 
Beispiel, das einer Paragraphenänderung im letzten Augen- 
blick, baben wir heute dem Professor Kabl zu verdanken, auf 
dessen Antrag in den Grundrechten des Heutschen die Glau- 
bene- und Gewissensfreiheit stehenbleiben, die „Gedanken- 
freiheit“ aber gestrichen wird, weil es eine leere Phrase ist, 
dem Marquis Posa Schillers nachgeplappert. Schon der 
Volksmund sagt ja. daß Gedanken zollfrei sind; der Staat kann 
sie gar nicht kontrollicken und braucht ihnen die Freibeit auch 
nicht erst zu schenken. Gestrichen wird ferner, was festzustellen 
nicht ohne Reiz ist, auf demokratischen Antrag die Formel, 
daß die Ehe „als Grundlage des deutschen Familienlebens“ 
unter dem besonderen Schutz der Verfassung stehe. Neu auf- 
genommen der Schutz für die Mutterschaft schlechtbin. Im 
Übrigen werden fast alle Grundrechte in dem Abschnitt über 
das Gemeinschaftsleben unverändert nach der Ausschuß- 
fassung angenommen, die der Beamtenschaft nach besonders 
eingehender Oebatte. 
Der Abschnitt über Religion und Religionsgesellschaften 
gibt den Sozialdemokraten die Gelegenheit, wider den Stachel 
zu löcken, obwohl es nicht ganz fair ist, das Kompromiß, das 
man soeben erst mit der mitregierenden schwarzen Bruder- 
partei geschlossen hat, gleich so schlecht zu machen. Verlockend 
genug mochte es ja freilich sein, denn das Kompromiß, aus 
dem die staatsfreie, aber nicht staatslose Kirche per- 
vergegangen ist, weist deutlich seinen Doppelursprung auf; 
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