Rang stehen die Schweißperlen auf der Stirn, aber sie harren
aus: noch niemals haben sie einen mit solch journalistischer
Gewandtheit zusammengestellten klaren Vortrag über die an
sich so schwierigen Themen gehört.
Im Grunde ist man über das ZJahlenmüssen ja einig. In-
sofern hat Erzberger es leichter als alle seine Vorgänger im
Kaiserreich. Aber es hat etwas besonders Beruhigendes,
nun auch zu erfahren, warum und zu welchem Ende alles
geschieht, und Erzbergers Optimismus ist von einer derartig
hypnotischen Kraft, daß man die Heilwirkung dieser Rede,
die sich übrigens von üblen Angriffen klugerweise freihält,
ruhig durch Plakatieren erproben könnte. Die furchtbarsten
Zahlen, wie die unserer schwebenden Schuld, die allein
76 Milliarden beträgt, ungerechnet die Kriegsanleihen, un-
gerechnet die Wiedergutmachung, werden ganz zahm. Oer
große Hypnotiseur regiert sie alle. Es ist jammerschade, daß
diese Begabung just in einen Menschen gefahren ist, dem es
so sehr an Charakter gebricht; jammerschade, daß er selbst
beute sich von seiner alten Leichtfertigkeit nicht ganz frei-
machen kann und wieder Behauptungen ausfstellt, die in ihrer
Fixigkeit verblüffen, in ihrer Richtigkeit versagen. Er beweist
uns haarklein, daß die Entente an das Reichsnotopfer
nie heran könne. Nit derselben Bestimmtheit hat er einst
bewiesen, daß die Entente uns nie die Handelsflotte nehmen
könne. Es klingt sehr einleuchtend, wenn er sagt, im Grunde
sei das Reichsnotopfer nur die Annullierung eines Teils der
Kriegsanleihe, das Reich ziehe Schuldtitel ale Steuer ein und
vernichte sie; und an diesem Papierhaufen von Oarlehns-
kassenscheinen, Anleihetalons, Schatzanweisungen liege unse-
ren Feinden gar nichte, denn solche an sich wertlosen Papiere
könnten wir ihnen nach Belieben in Massen drucken; nein,
die Entente wolle Gold, wolle Waren, wolle Arbeit von uns.
Mit Verlaub: was abgeliefert werden soll, das sind nicht nur
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