steuerung der Vermögen könne vom Plenum ja noch ver-
schärft werden. Bitte sehr. Schon heute behält jemand,
der im Laufe der letzten fünf Jahre ein Vermögen von
500 000 Mark erworben hat, nach der Versteuerung nur
noch 156 180 Mark davon. „Das ist noch viel zu viel“,
rufen die Roten. Erzberger verbeugt sich. In der Tat: nur
keine Millionäre!
Den deutschnationalen Wortführer Kraut-Stuttgart, der
aber auch nur einige ganz sanfte Einwände gegen die Finanz-
politik von heute gemacht hat, greift Erzberger in seiner Er-
widerung heftig an. Noch beftiger die Rechte überhaupt.
Und ganz besonders derb den Abgeordneten Dr. Traub, denn
diesen Volksredner fürchtet er bei weitem mehr als die
Staatsmänner und Leisetreter.
In diesem Augenblick glimmt es in den haldbgeschlossenen
Lidern des Präsidenten Fehrenbach auf. Er ist auf den
Mann dressiert. Wenn sein Matthias mit irgend jemand
Streit bekommt, so hat es dieser JZemand mit Fehrenbach
zu tun. Traub wehrt sich gegen Erzberger mit Zwischen-
rufen. Da springt Fehrenbach ihm durch ein Verbot jeden
Zwischenrufs an die Kehle. Nun bekommt Erzberger neuen
Mut — „stoßt zu, Herr Doktor, ich pariere!“ — und wird
unerhört auofallend gegen Traub, spricht von glatter Un-
wahrheit, von Lüge, von frecher Erfindung, von Oreistigkeit,
knattert ein Maschinengewehrfeuer von Beleidigungen. Aber
Fehrenbach ist schon wieder in Lethargie zurückgesunken;
kein Ordnungeruf erschallt.
Der Bericht bringt über diese Szene nichte, denn die Be-
richterstatter oben im dritten Rang verzeichnen nur noch
Außergewöhnliches. Diese Amtsführung Fehrenbachs aber
ist man nachgerade gewohnt geworden. Erzberger ist dreifach
immunisiert: durch sein Mandat, durch seine morgalische
Rhinozeroshaut und durch Freund Fehrenbach.
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