Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Finanzrat ein Mann von Fach ist, gibt eine eingehende und 
sehr scharfe Kritik der Erzbergerschen Vorschläge. Der Minister 
antwortet. In seiner bekannten Art. Unsere Leistungen, 
meint er, seien im Frieden genau umschrieben. Aur 140 000 
Milchkühe Hhätten wir abzuliefern, also stebe doch nicht jede 
Kuh in Gefahr. Etensowenig jede Maschine. Es seien doch 
nur 30 vom Hundert unseres Bestandes an Maschinen ver- 
langt. Herr Hugenberg habe also maßlos übertrieben. Von 
der Rechten kommen Zwischenrufe. Es handele sich nur um 
„vorläufige“ Forderungen der Entente, und was weiter 
verlangt werde, das wisse man heute noch gar nicht. Erz- 
berger verwahrt sich wütend gegen diese Zwischenrufe. Die 
beiden auf Gedeih und Verderb verbundenen Parteien, 
Zentrum und Sozialdemokratie, wissen genau, was auf dem 
Spiele steht. Es geht nicht an, daß die Wahrheit, wenn auch 
nur durch Zwischenrufe, in die Offentlichkeit gelangt. Und 
so greift man denn zum letzten äußersten Mittel. 
Eine Knüppelgarde von Sozialdemokraten wandert von 
links nach rechts hinüber und baut sich neben den Oeutsch- 
nationalen auf. Es sind lauter kaum bekannte Leute; keinen 
von ihnen hat man je im Hause reden hören, aber sie stehen 
mit über der Brust gekreuzten Armen da, wie zu einer 
Gruppenaufnahme des Stemmklubs Bizeps. Jeder Zuruf, 
der von der Rechten erschallt, wird durch laute Schimpfworte, 
„Lump“, „Verbrecher“, von der Knüppelgarde begleitet. Es 
hat minutenlang den Arnschein, als werde schon hier in der 
Nationalversammlung ein „Staategerichtehof“ konstituiert, 
der mit der Faust die großen Fragen der Weltgeschichte ent- 
scheidet. Nur dem Umstand, daß der deutschnationale Ab- 
geordnete Richter, der Gutebesitzer aus Ostpreußen, an der 
Ecke sitzt, verdanken wir es, daß die Knüppelgarde sich noch 
zurückhält. Er hat nämlich Handschuhnummer 9⅛ und hat 
gerade vierzehn Tage Erntearbeit hinter sich. 
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