Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Volksparteiler Or. Heinze, der frühere sächsische Justizminister 
und Kronjurist, mit der zweiten großen staatsmännischen 
Rede dieses Tages. Oelbrück hat ihm viel Wind aus den 
Segeln genommen. So befindet er sich denn nicht in besonders 
günstiger Lage, weiß aber trotzdem das Haus ebenso wie der 
Nachbar von der Rechten in den Bann seiner Ausführungen 
zu zwingen. Er und Oelbrück sind die beiden einzigen, die den 
vaterländischen Takt besitzen, in dieser Stunde der Not auf 
jede Parteipolemik zu verzichten und nur Positives zu bieten. 
Das ist die Erhaltung Preußens als Großmacht, wovon poli- 
tisch und kulturell der Bestand des Reiches abhängt; nicht 
umsonst suchte und fand Bismarck die dem Reiche nötige 
Kraft in dem preußischen Königtum. HOas sei jetzt dabin. 
Dafür müsse die Reichsgewalt gestärkt werden; auch in der 
Republik wünschten wir keinen Präsidenten, der jederzeit 
absetzbar, jederzeit strafrechtlich verantwortlich sei. Unser 
Parlamentarismus aber bedürfe in den Einzelstaaten — 
Oelbrück hatte dasselbe für das Reich vorgeschlagen — der Er- 
gänzung durch ein Oberhaus mit berufsständischem Wahlrecht. 
Es ist beute eine der ruhigsten Sitzungen, die wir in Weimar 
erlebt haben, weil alles lauscht, weil alles, was noch deutsch 
empfindet, mit heißen Wangen und beißen Herzen dasitzt. 
Es dämmert auch in der Mehrheit dem und jenem eine 
Ahnung davon aufs, daß wir nicht durch Reden und Majoritäts- 
beschlüsse über die Berfassung das Reich so wieder aufbauen 
können, wie Biemarck es durch Blut und Eisen schuf. Die 
Verfassung ist ein Paragraphenkleid, ein Druckheft mit toten 
Buchstaben. „Wenn Gott einem Volke hat helfen wollen“, 
sagt Dr. Martin Luther, „so hat er es nicht durch Bücher 
getan, sondern er hat ihm Männer geschickt!“ Nach diesen 
Männern, nicht nach der Berfassung schreit unser gepeinigtes 
Volk. Die es gestürzt bat, die kommen nicht wieder. Wenn 
Vott une helfen will, erstehen uns aber neue. 
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