demokratie sei es, die den vollständigen Zusammenbruch der
staatlichen Ordnung verhindert habe!
Ach nein, sie ist nur die Nutznießerin des Umschwunges;
arbeiten läßt sie nach wie vor die anderen und beschimpft sie
überdies. Sie selber behält sich die repräsentativen hochbe-
zahlten Stellungen vor. Ein argentinisches Sprichwort lautet:
El vivo vive del sonzo p el sonzo de suo trabajo. Auf deutsch:
Der Kluge lebt von dem Dummen, und der Dumme von
seiner Arbeit. Auf die pfeift die Sozialdemokratie; die und
das Zahlen überläßt sie gerne, solange noch etwas da ist,
den dummen Bürgerlichen.
Der Alterspräsident Herold von der Christlichen Volks-
partei, der nicht nur einen schönen weißen Turnvaterbart hat,
sondern auch noch so sonor und kräftig sprechen kann wie einst
der alte Friedrich Ludwig Jahn, begrüßt nun das Haus und
erledigt die geschäftlichen Dinge. Auch einer im Silberhaar,
auch einer mit dröhnendem Metall in der Kehle, der verflossene
knallrote „Kultusminister“ Adolf Hoffmann, fährt ihm in
die Parade. A#chts da Berfassung! Uber das Standrecht in
Berlin müsse morgen die erste Debatte stattfinden! Da unsere
Mehrheitsregierung immer die Geschobene ist und niemals
führt, da sie gewohnheitsmäßig vor den Unabhängigen zurück-
weicht, wird der Antrag Hoffmann angenommen, — auch
die Opposition auf der Rechten muß, damit ihr keine falschen
Motive untergeschoben werden, nun mitmachen. Das gibt
also gleich morgen einen heftigen Tanz. Er geht aber vielleicht
anders aus, als Hoffmann denkt. Und vielleicht wünscht er
dann im stillen, doch dasselbe sagen zu können wie bei
seinem Auszug aus dem Ministerium: „Hier sieht mir keener
wieder!“
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